Porträt

Aung San Suu Kyi: Eiserne „Lady“ und umstrittene Freiheitsikone

Aung San Suu Kyi verlor im Konflikt mit den Rohingya viele internationale Sympathien.
Aung San Suu Kyi verlor im Konflikt mit den Rohingya viele internationale Sympathien.REUTERS
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In Burma populär, verlor die nun vom Militär festgesetzte De-facto-Regierungschefin zuletzt international an Reputation.

Ihr eiserner Wille und ihr Charisma machten Aung San Suu Kyi zu einer Ikone des Widerstands – und zur Heldin einer Hollywood-Saga, mit Ehren überhäuft und mit dem Friedensnobelpreis 1991 ausgezeichnet. Mehr als zwei Jahrzehnte bot die zierliche „Lady“, wie die Burmesen die inzwischen 75-Jährige apostrophieren, dem Militärregime die Stirn – davon mehr als 15 Jahre im Hausarrest.

Aus Angst, dass ihr die Generäle die Rückkehr verweigern würden, reiste sie nicht zur Nobelpreis-Gala nach Oslo und 1999 auch nicht zum Begräbnis ihres Mannes, des britischen Historikers Michael Aris, den sie während des Oxford-Studiums kennengelernt hatte.

Repression gegen Rohingya

1988 war die Tochter Aung Sans, des 1947 ermordeten Führers des Freiheitskampfs, zum Abschied ihrer kranken Mutter nach Burma zurückgekehrt. Im Zuge der Studentenproteste geriet sie in eine Revolution und stieg zur Galionsfigur der Bewegung auf. 1990 annullierten die Militärs ihren Wahltriumph, und es sollte 25 Jahre dauern, bis sie im Machtdeal mit den Militärs zur De-facto-Premierministerin avancierte. Formell blieb ihr das Amt indes verwehrt.

Hofiert von Clinton und Obama, verspielte sie im Konflikt mit der muslimischen Rohingya-Minderheit aber zuletzt viele Sympathien, als sie die Repression durch die Militärs harsch verteidigte. Dabei kamen autoritäre Züge einer elitären Buddhistin zum Vorschein, humanitäre Organisationen wandten sich von ihr ab. Nach fünf Jahren zerbrach nun der fragile Friede mit den Militärs.

Steckbrief

1945 geboren als Tochter des Generals und Volkshelden Aung San (1947 ermordet), der für die Unabhängigkeit Burmas von Großbritannien kämpfte; Kindheit und Jugend in Indien.

1964-67 studiert sie Politik, Wirtschaft und Philosophie in Oxford.

1972 heiratet sie den britischen Wissenschafter Michael Aris.

1973 und 1977 Geburt der Söhne Alexander und Kim.

1988 Rückkehr nach Burma (Birma), Sturz der Militärdiktatur unter Ne Win, Aufstände, Errichtung einer weiteren Militärdiktatur, Gründung ihrer Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD): Weg des gewaltfreien Widerstands gegen die Diktatur.

1989 erstmals Hausarrest, insgesamt 15 der nächsten 21 Jahre eingesperrt.

1990 Wahlsieg ihrer Partei NLD, Militär ignoriert das Ergebnis.

1991 Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis.

2010 lässt die Junta wählen. Die NLD hätte ihre eigene Vorsitzende Suu Kyi als "Vorbestrafte" ausschließen müssen, um sich registrieren lassen zu können. Die Nichtregistrierung hatte die zwischenzeitliche Auflösung der Partei zur Folge. Nach der Wahl lässt die Junta Suu Kyi frei.

2012 gewinnt die NLD bei Nachwahlen 43 von 45 Sitzen, Suu Kyi zieht ins Parlament ein - zähneknirschend muss auch sie auf die Verfassung von 2008 mit Vorrechten für das Militär (ein Viertel der Parlamentssitze für Militärs reserviert) Eid ablegen.

2014 lehnt das vom Militär dominierte Parlament eine Änderung der Verfassung ab. Diese schließt Suu Kyi auch vom Präsidentenamt aus, das die Politikerin anstrebt.

2015/2016 - Ende der seit 1962 bestehenden Militärdiktatur: Nach Wahlen mit einem Erdrutschsieg der NLD kommt die NLD an die Regierung. Das Parlament wählt Htin Kyaw (NLD) zum Staatspräsidenten - anstelle des Ex-Militärs Thein Sein. Suu Kyi wird im Rahmen eines neu geschaffen Amts De-Facto-Regierungschefin.

2016/17 - Der jahrzehntelange Konflikt mit der muslimischen Volksgruppe der Rohingya eskaliert. Hunderttausende Rohingya fliehen vor der myanmarischen Armee nach Bangladesch. Auf internationaler Ebene nimmt der Ruf Suu Kyis wegen ihrer Rolle in der menschenrechtlichen und humanitären Krise Schaden.

2020/2021 - Die NLD erringt die absolute Mehrheit bei der Parlamentswahl. Die Armee spricht von Wahlbetrug und reißt alle Macht an sich.

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