Corona-Demos

Pfefferspray und Schläge: Journalisten fordern mehr Schutz

APA/Georg Hochmuth
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Journalisten fordern besseren Schutz bei Demonstrationen vonseiten der Polizei. Die kürzlich vom Innenministerium installierten Medienkontaktbeamten seien "reine Augenauswischerei".

Bei Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen der Regierung sind Journalisten und Journalistinnen zuletzt immer stärker mit Anfeindungen bis hin zu körperlichen Attacken vonseiten Demonstrierender konfrontiert worden. Am vergangenen Sonntag sei die Stimmung besonders aggressiv gewesen, berichteten Betroffene bei einer vom Presseclub Concordia am Dienstag abgehaltenen Online-Pressekonferenz. Gefordert wird besserer Schutz vonseiten der Polizei.

"Ich berichte schon lange von Demonstrationen und habe schon viele Angriffe gesehen und erlebt, aber am Sonntag hatten sie eine neue Qualität", meinte der freie Journalist Michael Bonvalot. Bedrohungen, Rempeleien sowie Schläge und Tritte gegen Kameras und Personen: All das habe er bereits erleben müssen. Am Sonntag habe ihn eine Gruppe von rund zehn Personen aus dem Neonazi- und Hooliganmilieu durch die Stadt verfolgt. Bei einem Angriff vor dem Landesgericht hätten ihn antifaschistische Gegendemonstranten vor Schlimmerem bewahrt. Sie schlugen die Angreifer zurück. Polizei sei nicht zugegen gewesen.

„Am Ring ist es eskaliert"

Auch der freie Journalist Lorenzo Vincentini wurde von zehn bis 15 Rechtsextremen aus dem Fußballmilieu "begleitet", erzählte er. "Am Ring ist es eskaliert. Sie haben uns mit Pfefferspray angegriffen", schilderte er. Polizisten seien in Sichtweite gestanden, seien allerdings nur zögerlich eingeschritten. "Die Polizei scheint sich nur für den Schutz für Journalisten zu interessieren, wenn es sich um große Medien handelt. Wenn wir freie Journalisten auf kleineren Demonstrationen sind, sind wir uns selbst überlassen und werden mit Angriffen von Rechtsextremen, aber auch Anzeigen von der Polizei überhäuft", kritisierte Vincentini.

Die kürzlich vom Innenministerium installierten Medienkontaktbeamten für Medienvertreter, die sich bei Demonstrationen bedroht oder angegriffen fühlen, erachtet Vincentini als "reine Augenauswischerei". "Während eines Angriffs kann ich keine Beamten anrufen", meinte der freie Journalist. Auch Bonvalot konnte den zur Verfügung gestellten Kontakten wenig abgewinnen.

„Sehr schwierige Situation"

Gerald Hesztera von der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit des Innenministeriums war bei der Demonstration am Sonntag zugegen und sprach am Dienstag aus polizeilicher Sicht von einer "sehr schwierigen Situation". Er sei froh, dass die Demonstration ohne gröbere "unschöne Szenen" bewältigt worden sei. "Zufrieden bin ich persönlich aber nicht", meinte Hesztera und verwies darauf, dass der Polizeieinsatz evaluiert werde. Die Medienkontaktbeamten erachte er nicht als "Augenauswischerei". Vielmehr seien sie ein Versuch, den Journalisten ein Service zu bieten. "Wir versuchen alles zu tun, damit sie geschützt sind und berichten können. Bitte sagen Sie uns, was wir besser machen können", so Hesztera.

Markus Sulzbacher von der Tageszeitung "Der Standard" fielen bei der Corona-Demonstration am Sonntag etliche medienkritische Plakate wie "Die Medien sind das Virus" auf. Aus Selbstschutz gibt er sich auf Demonstrationen nicht als Journalist zu erkennen. Besonders Kamerateams sind jedoch klar als Medienschaffende auszumachen. "Wir waren mit unserer Kamera ein Anziehungspunkt für Demonstranten", schilderte Josephine Röck vom Privatsender Puls 24. Sie und zwei Kameramänner waren Beschimpfungen "weit unter der Gürtellinie" ausgesetzt und mussten eine Liveschaltung abbrechen. "In der Redaktion haben wir diskutiert, ob wir künftig unkenntlich auf Demonstrationen gehen sollten", so Röck.

Die Digitalexpertin Ingrid Brodnig sagte, dass in Deutschland Fernsehteams nur noch mit Securities auf heikle Demonstrationen gehen würden. Auch in Österreich erachtete sie die Stimmung zuletzt als aggressiv. "Es ist etwas Übles im Gange. Wir müssen aufpassen, dass das nicht Normalität wird", so Brodnig.

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Berichten mit Helm

Für den freien Journalisten Michael Bonvalot kommen eigens engagierte Securities aus Kostengründen nicht infrage. Er trage aber bereits einen Helm, weil er sonst nicht berichten könne. "Die Angreifer sind euphorisiert. Es ist ein Pulverfass. Die Frage ist nicht, ob es hochgeht, sondern wann es hochgeht", warnte Bonvalot.

Auch die Journalistengewerkschaft in der GPA rief die Polizei in einer Aussendung zu verstärktem Schutz der Journalisten und Journalistinnen auf. "Die freie Presse muss zu jedem Zeitpunkt ihrer Arbeit nachgehen können und die Exekutive hat das sicherzustellen", so Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA.

(APA)

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