Corona-Maßnahmen

FPÖ hält Lockdown und Demo-Verbot für verfassungswidrig

Archivbild vom Dezember 2020 von FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch.
Archivbild vom Dezember 2020 von FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch.APA/HERBERT NEUBAUER
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Die Vizeklubchefinnen Belakowitsch und Fürst sehen keine Rechtfertigung für den Lockdown, weil das Gesundheitssystem nicht an seiner Kapazitätsgrenze ist. Im Parlament wird es am Donnerstag eine Sondersitzung geben.

Die FPÖ hält sowohl den am Dienstag im Hauptausschuss verlängerten Lockdown als auch die Untersagung der Corona-Demonstrationen am vergangenen Wochenende für verfassungswidrig. Die beiden stellvertretenden Klubobfrauen Dagmar Belakowitsch und Susanne Fürst begründeten dies am Dienstag damit, dass dafür das Gesundheitssystem an die Kapazitätsgrenzen stoßen müsste. Die Demos werden am Donnerstag ein Nachspiel in einer Sondersitzung des Nationalrates haben.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz meinten Sozialsprecherin Belakowitsch und Verfassungssprecherin Fürst, dass die epidemiologische Lage die Maßnahmen nicht rechtfertigen würden. Dazu müsste das Gesundheitssystem an seine Kapazitätsgrenzen stoßen. Davon sei man aber "meilenweit entfernt", sagte Belakowitsch. Spätestens seit dem Angebot an Portugal, Patienten aufzunehmen, könne davon keine Rede mehr sein. Für Fürst ist das Angebot der Regierung, dass Portugal sagen könne, wie viele Patienten kommen sollen, eine "Verhöhnung der österreichischen Corona-Opfer". Ihrer Ansicht nach sollte Österreich erst dann Corona-Patienten aus dem Ausland aufnehmen, wenn hier alle einschränkenden Maßnahmen beendet seien.

Verbot sei ein Verstoß gegen die Versammlungsfreiheit

Fürst argumentierte, dass nicht nur der Lockdown verfassungswidrig sei, sondern auch die Untersagung der Demonstrationen am letzten Wochenende. Dazu hätte der Gesundheitsminister nachweisen müssen, dass es bei früheren Demonstrationen zu einem Anstieg der Erkrankungen gekommen sei. Da er dafür keine Daten vorlegen konnte, sei das Verbot eine Verstoß gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und auch das Recht auf Meinungsfreiheit von "Millionen Menschen" sei verletzt worden.

Damit will die FPÖ Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag bei der von ihr beantragten Sondersitzung des Nationalrates konfrontieren. Während Fürst und Belakowitsch den Einsatz der Polizei bei den Demos am Wochenende lobten, bekräftigten sie die Kritik an Nehammer. Wenn Nehammer die Demonstranten pauschal als Corona-Leugner, Extremisten und Verschwörungstheoretiker abtue, dann sei eine solche "Eskalationsstrategie" eine Innenministers "unwürdig", sagte Fürst. Und Belakowitsch meinte, dass an dem "Spaziergang" ein "Querschnitt der Bevölkerung" teilgenommen habe. Sie selbst würde zu einer allfälligen weiteren Demonstration wieder hingehen", "wenn es meine Zeit erlaubt", sagte Belakowitsch. Und sie würde sich auch wünschen, dass Mitglieder der Bundesregierung daran teilnehmen, um mit den Leuten zu reden.

Sondersitzung am Donnerstag

Die von der FPÖ beantragte Sondersitzung des Nationalrats wird am Donnerstag stattfinden. Darauf haben sich die Fraktionen am Dienstag verständigt. Die Freiheitlichen werden dabei eine "Dringliche Anfrage" an Nehammer rund um die Demo-Verbote richten. Eingebracht wird die "Dringliche" um 11 Uhr in einem verkleinerten Plenum, die Debatte findet dann in normaler Besetzung ab 14 Uhr statt. Im Anschluss ist für 18.00 Uhr ein Hauptausschuss in Aussicht genommen, bei dem die Verordnung zur Lockerung der Corona-Maßnahmen abgesegnet werden soll.

Die von der Regierung angekündigten regelmäßigen Tests in den Schulen als Voraussetzung für Präsenzunterricht hält Fürst ebenfalls für verfassungswidrig, weil Kinder das Virus nicht übertragen würden. Belakowitsch verwies darauf, dass diese Tests nur für Fachpersonal anzuwenden seien. Die 20-Quadratmeter-Abstandsregel für den Handel sei vor allem für kleine Geschäfte nicht praktikabel, weil der Umsatz einbreche aber die Fixkosten gleich blieben. Und für die sogenannten körpernahen Dienstleistungen würden die Kunden wegen der Testverpflichtung in den privaten Bereich ausweichen, befürchtet Belakowitsch.

(APA)

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