Literatur

Gerechtigkeit für den „korrupten“ Dante

Nur durch Flucht entging Italiens größter Dichter dem Scheiterhaufen. 700 Jahre nach Dantes Tod wollen Juristen und ein Nachkomme den vermutlich unschuldig Verurteilten reinwaschen.

Im achten Kreis der Hölle geht es erstaunlich lustig zu. Wie Frösche hocken dort die Seelen der Korrupten in einem Graben aus siedendem Pech. Aber die Teufel, die sie bewachen sollen, sind so dumm und ungeschickt, dass Dantes „Divina Commedia“, dieses erhabene Monument der Weltliteratur, hier tatsächlich einen komödiantischen Ton annimmt. Die täppischen Dämonen wollen einen auftauchenden Sünder mit ihren Haken zerkratzen, aber er trickst sie aus, sie landen selber im Pech, und der arme Schlucker kann fliehen – unter Mithilfe der beiden Besucher: Vergil und Dante Alighieri persönlich. Wie grimmig hat dieser Berichterstatter aus dem Jenseits im „Inferno“-Teil seines Hauptwerks mit seinen Feinden abgerechnet, mit Papst Bonifaz und den Verrätern aus Florenz! Aber den angeblich bestechlichen Beamten lässt er entkommen – so wie er selbst seinen Verfolgern entkam.

Die Italiener feiern heuer mit großem Pomp den 700. Todestag ihres größten Dichters, der ihnen ihre Sprache geschenkt und ihre kulturelle Identität gestiftet hat. Aber ein Makel bleibt: Sie ehren einen Verfemten. 1302 wurde Dante, bis dahin ein hoher Ratsherr, in Florenz der Prozess gemacht, wegen „Bestechlichkeit, Betrug, Arglist, Heimtücke, Erpressung und Päderastie“. Sein Vermögen wurde konfisziert, sein Haus zerstört, und nur weil er schon ins Exil geflüchtet war, blieb ihm der Scheiterhaufen erspart.

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