Der Hersteller des russischen Vakzins hat bei der EMA noch nicht einmal um Marktzulassung angesucht und besitzt keine Produktionskapazitäten in Europa, um sein Angebot an die EU über 100 Millionen Dosen bis Ende Juni verlässlich einhalten zu können.
100 Millionen Dosen seines Covid-19-Vakzins Sputnik V verspricht der russische Staatsfonds, welcher diesen Impfstoff weltweit zu vermarkten versucht, der Europäischen Union im zweiten Quartal. Nach der am Dienstag im medizinischen Fachjournal „The Lancet“ veröffentlichen und positiven ersten öffentlichen Bewertung des auch als Gam-Covid-Vac bezeichneten Vakzins haben jene Stimmen in der Union, die schon bisher für Zusammenarbeit mit der russischen Regierung waren, Rückenwind erhalten. Deutschland hat Moskau eigene Fachleute zur Verfügung gestellt, die beim Genehmigungsverfahren durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) mit Sitz in Amsterdam helfen sollen. Als bisher einziges EU-Mitglied hat Ungarn „Sputnik V“ bestellt.
Möglich ist das, weil jeder Mitgliedstaat auf eigenes Risiko und einzig innerhalb seiner Landesgrenzen medizinische Produkte, die noch keine EMA-Zulassung haben, in Notfällen bestellen kann. Viel bekommen die Ungarn allerdings nicht: nur 40.000 Dosen trafen am Dienstag in Budapest ein, damit lassen sich theoretisch 20.000 Menschen immunisieren (Gam-Covid-Vac erfordert zwei Impfungen).
EMA-Verfahren noch nicht begonnen
Was also ist vom russischen Versprechen der 100 Millionen Dosen bis Ende Juni zu halten? Zunächst muss Sputnik V die EMA-Zulassung erhalten. Doch da sind die Russen noch ganz am Anfang. Vor zwei Wochen habe es das erste Treffen gegeben, um den Entwicklungsplan für Sputnik V zu besprechen, teilte ein EMA-Sprecher am Mittwoch auf Anfrage der „Presse“ mit. Dessen Inhalt sei vertraulich. „Die EMA hat keinen Antrag auf eine Marktzulassung für das Sputnik-V-Vakzin erhalten“, fügt er hinzu. Einzig einen Antrag auf wissenschaftliche Handreichung hätten die Russen gestellt. Dessen Zweck ist es, den Bewerbungsantrag korrekt vorzubereiten: hier kommen die erwähnten Berater der deutschen Regierung ins Spiel.