Fernsehen

Der ORF spannt Österreichs Kabarettszene ein

Seidl und Fleischhacker im Auszendienst
Seidl und Fleischhacker im AuszendienstORF
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Gery Seidl und Gerald Fleischhacker werden Geisterjäger. Peter Klien bekommt im Herbst eine neue Sendung. Und Michael Niavarani macht die „Nackte Kanone“. Der ORF auf der Suche nach originären Inhalten.

Zwei Männer machen komische Dinge, haben Spaß und das Fernsehpublikum schaut ihnen dabei zu. Ja, das ist ein Sendungskonzept. Und nein, es funktioniert nicht immer – selbst wenn genug Budget vorhanden ist. Amazon etwa schickte für seine neue eigenproduzierte Serie „The Great Escapists“ Richard Hammond (der bei der BBC „Top Gear“ moderierte) und seinen US-Kollegen Tory Belleci („MythBusters“) auf eine einsame Insel, wo sie so tun, als müssten sie sich selbst wieder aus diesem Schlamassel herausziehen. Das macht scheinbar Spaß, aus Zuschauerperspektive fehlt aber Entscheidendes: Die beiden haben keinen Platz für Spontaneität, alles wirkt bemüht lustig. Die Sendung leidet daran, dass das Survival-Abenteuer bis ins kleinste Detail gescriptet ist – und leider auch lieblos synchronisiert.

Auch in ORF 1 haben ab heute (3.2., 21.05 Uhr) zwei Männer ihren Spaß: Für die erste Ausgabe von „Seidl und Fleischhacker im Außendienst“ begaben sich die beiden Kabarettisten Gery Seidl und Gerald Fleischhacker auf eine Recherchereise ins Burgenland, um in der Burg Bernstein Nachschau zu halten, ob es dort wirklich spukt. Auch sie folgten dabei einem Drehbuch, das eine Intention verfolgt: Da steht ein kahler Butler namens Igor in der Tür, liegt eine tote Taube im Kamin und hat ein Mitglied der „Vienna Ghostbusters“ seinen Auftritt. Ohne erzählerischen Rahmen geht's nicht. Aber es bleibt noch genug Raum für authentische Auftritte der zwei Kindsköpfe. Mit Rollkoffer und Nachtsichtgerät ausgerüstet, kommen sie in Kalkgraben an, stellen dem Burgherrn Fragen zur Familiengeschichte (die Familie Almásy lebt seit 1892 in der Burg) und zu den übernatürlichen Phänomenen, die sich dann natürlich nicht zeigen.

Blödeln ohne Textbuch

Das ist kein Kabarett, keine Doku, keine Kochshow – obwohl von allem ein bisschen was dabei ist. Am ehesten ist es ein Roadtrip zweier Männer, die einander gut verstehen und scheinbar unbekümmert ihr Ding machen. Die zwei haben Spaß – und sie können miteinander blödeln, auch wenn es nicht im Textbuch steht. Ganz natürlich. Vielleicht auch deshalb, weil die erste von den vorerst drei geplanten Folgen der Reihe angeblich in gerade einmal vier Tagen gedreht wurde – da wird nicht viel Zeit gewesen sein für pingelige Regieanweisungen.

Die heimische Kabarettszene ist mittlerweile fest im österreichischen Fernsehen eingespannt. Sie liefert jene identitätsstiftenden Inhalte, die derzeit vor allem ORF 1 sucht. Davon profitiert nicht nur der Sender – auch die Künstler, die derzeit coronabedingt keine andere Bühne haben. Nicht alles, was gelauncht wird, ist ein Erfolg. Manches, wie Peter Kliens satirischer Wochenrückblick „Gute Nacht Österreich“, ist eine gute Idee, funktioniert aber trotzdem nicht. Klien gehört zu den kreativen Köpfen, denen der ORF zutraut, mit originellen Formaten vor allem auch jüngere Zuseher an den Sender zu binden. Er wird nicht vom Bildschirm verschwinden, sondern im Herbst eine neue Sendung bekommen.

Ganz anders funktioniert „Der Kabarett-Spieleabend“, der am Freitag auf ORF 1 Premiere hatte. Hier treten Kabarettisten in einer ausgeklügelten Form von „Activity“ gegeneinander an. Vergangene Woche sah man Michael Niavarani und Otto Jaus an der pantomimischen Darstellung der „Nackten Kanone“ grandios scheitern. Die Sendung hat einen gewissen Retro-Charme. Sie vermittelt das Gefühl, dass das Fernsehstudio bis ins eigene Wohnzimmer reicht – und weckt Sehnsucht nach einem Spieleabend.

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