Lokalkritik

Testessen bei Demel, Zum Schwarzen Kameel und Seven North

(c) Nicole Viktorik
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Die besten Lockdown-Ideen: Kaiserschmarrn und Tafelspitz to go, das Kameel als Autobahnraststätte für Reiche. Und ein ganzer Karton voll mit Israel.

Selbstverständlichkeiten, ja vermeintliche Mühseligkeiten aus der Zeit vor dem großen Lockdown vermissen wir mittlerweile, das Glas Weißwein mit dem Schwätzer, die schnelle Pizza ums Eck oder die Hotelübernachtung wegen der Diskussionsteilnahme in der stolzen ­Provinzstadt: Im Herbst 2021 werden das wahre Höhepunkte. Bis es so weit ist, loben wir die kleine Zerstreuung und deren Erfinder: Demels, also Attila Dogudans Krisenidee, in der altehrwürdigen Konditorei in der Auslage live Kaiserschmarrn zubereiten zu lassen und in ­Kartons zum Mitnehmen zu verkaufen, ist bezaubernd. Schließlich ist die Wiener Innenstadt die Skipiste der Großstädter, und wir brauchen Verpflegung. Ich gehe davon aus, dass Kaiserschmarrn to go das ganze Land erobern wird. Auch Post-Corona.

Wiens Politikbetrieb vermisst schmerzlich das „Zum Schwarzen Kameel“, das weiter Brötchen bietet, aber eben nicht das große Treffen für müde Pressesprecher und aktive Intriganten. O. k., für die gibt es Twitter. Am Wochenende wird das werktägliche Delikatessengeschäft zur elegantesten Autobahnraststätte für Fußgänger umgebaut. Da gibt es vor der Tür neben dem Kaffeewagen je einen Stand für Austern, Marillenpalatschinken und live zubereitetes Wiener Schnitzel. Bürgerherz, was willst du mehr?

Zwei Tipps aus dieser Kategorie: Erstens, wie schon einmal empfohlen, das wunderbare Figlmüller-Schnitzel-Take-away gehört zum Besten, was der Lockdown zu bieten hat. Ähnliches gilt für Mario ­Plachuttas Küche, die in den Filialen ­Hietzing und Nussdorf perfekt abgepackt zu verkosten ist. Tafelspitz gehört dank Suppenerhitzung zur perfekten Lockdown­verpflegung. Schwer zu ­empfehlen.

Und wenn wir schon bei der Pandemie sind: Zu Recht denken wir neidvoll an die Organisation und Rate bei den Impfungen in Israel, kulinarisch darf man das durchaus auch. Abhilfe schafft das Seven North von Eyal Shani und Shahar Segal im siebten Bezirk, das einen großen Karton als lustige Bastelarbeit mit einer präzisen Koch- beziehungsweise Erhitzungsanleitung anbietet. Beim Menü von der Kuh für zwei werden unzählige Kleinig- und Köstlichkeiten mitgeliefert, etwa Challah, das israelische Brot, das Ostern näherkommen lässt, dazu gibt es zum Schmieren und Tunken Tahini (Sesam), Matbucha (Tomatenzeug), mildes grünes Chili und Crème fraîche. Es folgt der legendäre geröstete Karfiol im Ganzen, Gartengemüse als wilder Salat und arabischer Blattspinat, den die Kroaten auch kennen. Der geröstete Seebarsch in stürmischer Sauce macht ebenso glücklich wie ein derb gewürztes, aber doch geschmortes Ossobuco. Preise und Stimmung sind wie in Tel Aviv, im Herbst ist es so weit, wir kommen.

Info:

Seven North, Schottenfeldgasse 74, 1070 Wien, sevennorthvienna.myshopify.com

Zum Schwarzen Kameel, Bognergasse 5, 1010 Wien. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken

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