EuGH kippt Österreichs Glückspielregelung

Glücksspielmonopol
Glücksspielmonopol(c) GEPA pictures (Gepa Pictures/ Matthias Hauer)
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Spielbanken dürfen in Österreich nur von österreichischen Unternehmen betrieben werden. Das widerspreche dem EU-Recht, wie der EuGH nun entschied. Auch die ausschreibungslose Konzessionsvergabe sei rechtswidrig.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Regelungen zum österreichische Glücksspielmonopol gekippt. Die österreichischen Rechtsvorschriften, die das Recht zum Betrieb von Spielbanken Gesellschaften mit Sitz in Österreich vorbehalten, "verstoßen gegen das Unionsrecht".

Das österreichische Finanzministerium kann derzeit insgesamt zwölf Konzessionen für den Betrieb von Glücksspielen und Spielbanken erteilen, heißt es in dem EuGH-Urteil. Der Konzessionär muss nach österreichischem Recht eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich sein und untersteht der Aufsicht des Ressorts. Die Veranstaltung von Glücksspielen ohne Genehmigung wird strafrechtlich verfolgt. Inhaberin der zwölf Konzessionen ist derzeit eine einzige Gesellschaft, die Casinos Austria AG. Die Konzessionen wurden ohne vorherige öffentliche Ausschreibung erteilt und erneuert, stellte der EuGH in seinem Urteil fest.

"Gegen Niederlassungsfreiheit"

Der EuGH betont in seiner Vorabentscheidung zum österreichischen Glücksspielmonopol, es "steht nicht mit der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit im Einklang, dass bei der Vergabe der Konzessionen an die Casinos Austria AG keine Ausschreibung stattgefunden hat".

Das Transparenzgebot verpflichte die konzessionserteilende Stelle, einen "angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherzustellen, der eine Öffnung der Dienstleistungskonzessionen für den Wettbewerb und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind". Außerdem kritisiert der EuGH eine "Ungleichbehandlung" und eine "mittelbare Diskriminierung".

Diskriminierung ausländischer Firmen

Der Gerichtshof erklärt, dass die Verpflichtung der Inhaber von Spielbankkonzessionen, ihren Sitz im Inland zu haben, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstelle. Diese Verpflichtung "diskriminiert nämlich Gesellschaften, die ihren Sitz in einem anderen EU-Staat haben, und hindert diese daran, über eine Agentur, Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung Spielbanken in Österreich zu betreiben".

"Kategorischer Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern"

Es gebe zwar die Möglichkeit zur Beschränkung. Aber nur, wenn sie mit dem "Interesse, kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen" gerechtfertigt werden kann. Dazu stellt der EuGH fest, dass der "kategorische Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern, die ihren Sitz in einem anderen EU-Land haben, als unverhältnismäßg anzusehen ist, da er über das hinausgeht, was zur Bekämpfung der Kriminalität erforderlich ist". Es gebe nämlich "mildere Mittel, die Tätigkeit und die Konten dieser Wirtschaftsteilnehmer zu kontrollieren".

Zum Transparenzgebot unterstreicht der EuGH, dieses sei eine "zwingende Vorbedingung des Rechts eines EU-Staats, Genehmigungen für den Betrieb von Spielbanken zu erteilen, unabhängig davon, wie die Betreiber ausgewählt werden". Die "ohne jede Transparenz erfolgende Vergabe einer Konzession an einen Wirtschaftsteilnehmer, der in dem EU-Staat niedergelassen ist, dem der öffentliche Auftraggeber zugehört, stellt eine Ungleichbehandlung zum Nachteil von in anderen EU-Ländern niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmern dar, die keine reale Möglichkeit haben, ihr Interesse an der fraglichen Konzession zu bekunden.

Eine derartige Ungleichbehandlung verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und stellt eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, die nach dem EU-Recht verboten ist".

Konzessionen können limitiert werden

Der EuGH weist auch darauf hin, dass die Begrenzung der Zahl der Konzessionen möglich ist, um die Gelegenheiten zum Spiel einzuschränken. Eine Konzessionsdauer von 15 Jahren könne angesichts der nötigen Zeit zur Amortisation von Investitionen ebenfalls gerechtfertigt sein.

Klage eines Deutschen führte zum Urteil

Gegen die österreichische Regelung hatte der deutsche Staatsbürger Ernst Engelmann geklagt, der zwei Spielbanken in Österreich betrieben hatte, ohne sich vorher bei den heimischen Behörden um eine Konzession beworben zu haben. Im Ersturteil wurde er verurteilt, unerlaubt Glücksspiele veranstaltet zu haben und erhielt eine Geldstrafe von 2000 Euro. In der Berufung hat das Landesgericht Linz den EuGH um eine Vorabentscheidung ersucht.

Nächste Vergaberunde im Jahr 2012

Wie die Vergabe der 2012 bzw. 2015 auslaufenden Spielbank- und Lotterielizenzen, die derzeit alle in Händen der Casinos Austria bzw. der Lotterien sind, in Hinkunft erfolgt, ist immer noch nicht ganz klar. Im Gesetz heißt es jetzt, dass die Konzessionserteilung "nach vorheriger öffentlicher und transparenter Interessentensuche durch den Bundesminister für Finanzen" erfolgt, wobei sich auch Interessenten bewerben dürfen, die ihren Sitz im EU-Ausland haben.

Lopatka: Gesetz muss vielleicht geändert werden

Der für Glücksspiel zuständige ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka erneut betont, dass das neue, im Sommer 2010 in Kraft getretene Glücksspielgesetz (GsPG) EuGH-Entscheidung berücksichtige. Möglicherweise muss das Gesetz aber wieder abgeändert werden.

"Insbesondere ist zu prüfen, ob und inwieweit auch bloße Zweigniederlassungen von EU-Gesellschaften bei der Konzessionsausschreibung nächstes Jahr 'mitbieten' dürfen. Das ist im neuen Gesetz nicht vorgesehen, könnte jedoch aufgrund des heutigen Urteils notwendig werden", so Lopatka in einer ersten Stellungnahme.

Was ist fristgerecht?

Dabei geht es um jene strittige Gesetzespassage, die vorsieht, dass erfolgreiche Bewerber aus dem EU-Ausland "fristgerecht" nach Erhalt der Lizenz eine inländische Kapitalgesellschaft gründen müssen. Möglicherweise muss dieser Passus jetzt gestrichen werden.

Die Lizenzvergabe könne "wie beabsichtigt nach einer transparenten Interessentensuche durchgeführt werden", so der Staatssekretär. Ob dies bedeutet, dass sich wirklich jeder, der Interesse an einer Spielbankkonzession hat, bewerben kann? "Wir hören alle an, die sich bewerben wollen", so eine Sprecherin von Lopatka auf Nachfrage.

Lopatka sieht das Glücksspielmonopol durch den EuGH-Spruch jedenfalls nicht gekippt. "Der EuGH hat in seinen Urteilen von gestern und heute erneut bestätigt, dass das Monopol der Mitgliedsstaaten zum Schutz der Spielteilnehmer rechtskonform ist".

Casinos Austria: Alte Konzessionen bleiben

Aus Sicht des Noch-Monopolisten Casinos Austria sind die bereits erteilten Casinokonzessionen von dem EuGH-Urteil nicht betroffen. "Die Kritik richtet sich gegen die Modalitäten der damaligen Vergabe, jedoch wurden all diese Punkte mit den Novellierungen 2008 und 2010 bereits bereinigt", meinte Casinos-Rechtsvorstand Dietmar Hoscher.

Die Novellen seien von der Europäischen Kommission notifiziert worden. "Das bedeutet, dass die vom EuGH geäußerten Kritikpunkte nach Ansicht der EU-Kommission durch diese Novellen zur Gänze ausgeräumt wurden", so Hoscher.

Bei der kommenden Konzessionsvergabe sieht Hoscher offenbar keinen Änderungsbedarf: Der vom EuGH geforderte "angemessenen Grad an Öffentlichkeit" sei im neuen Glücksspielgesetz "ausdrücklich" festgehalten. "Im übrigen wurden wesentliche Punkte der Beschwerde, wie die zahlenmäßige und zeitliche Begrenzung der Konzessionen, vom EuGH abgewiesen", so der Vorstand.

(APA)

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