Ein Schaufelradbagger der RWE arbeitet in Braunkohlemine Garzweiler im deutschen Jackerath
Prozess

Die Energiewende steht vor Gericht

Die deutsche RWE stößt sich am Kohleausstieg der Niederlande und zieht gegen das Land vor ein Schiedsgericht. Basis ist die umstrittene Energiecharta. Der Vertrag wird Europas Abschied von den Fossilen noch empfindlich verteuern.

Wien. Am 31. Dezember 2029 ist es vorbei. Danach darf in den Niederlanden keine einzige Kilowattstunde Strom mehr durch das Verbrennen von Kohle produziert werden. Gegen diese Entscheidung stemmt sich nun der deutsche Energiekonzern RWE und zitiert das Land vor ein Washingtoner Schiedsgericht. Denn der Kohleausstieg der Niederländer bedeutet auch das Aus für das RWE-Kraftwerk in Eemshaven, das der Konzern erst 2015 um immerhin drei Milliarden Euro errichtet hat. Anders als in Deutschland, das der Branche den Kohleausstieg mit Kompensationszahlungen versüßt, gibt es in den Niederlanden nichts. Nun will RWE vor Gericht Milliarden an Schadenersatz erstreiten. Die Praxis ist kein Einzelfall. Können Klagen der Konzerne die Energiewende noch verhindern?

Grundlage für die Klage ist die sogenannte Energiecharta. Das Regelwerk wurde 1991 dazu geschaffen, Investitionen ausländischer Energieunternehmen vor der willkürlichen Politik ihrer Gastgeberländer zu schützen. Kurz gefasst, können Unternehmen damit fast jedes neue Gesetz bekämpfen, dass ihre Geschäftsinteressen beeinträchtigt. Länder wie Deutschland oder Österreich haben sich in den 1990er-Jahren stark auf den Vertrag gestützt, um die Expansion ihrer Unternehmen in die Länder des ehemaligen Ostblocks abzusichern, wo das Justizsystem so kurz nach dem Zusammenbruch des Kommunismus wenig vertrauenswürdig war. Inzwischen hat sich das Blatt aber gewendet, und immer öfter werden westliche Staaten für ihre Umweltpolitik zum Opfer derartiger Konzern-Klagen. Kritiker fordern seit Jahren eine Reform oder ein Ende des Energiecharta-Vertrags, der den Konzernen in ihren Augen zu große Rechte gegenüber den Staaten verleiht.

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