Leitartikel

Wenn die Leistungsgesellschaft plötzlich am Pranger steht

(c) APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Jene, die zusperren (müssen), gelten als verantwortungsvoll. Wer offen hat, wird als rücksichtslos abgestempelt. Über gut und böse in Zeiten der Pandemie.

Jetzt ist es schon wieder passiert. Diesmal hat Virologin Dorothee von Laer davor gewarnt. Und wieder hat dieser leidige Satz seine Wirkung nicht verfehlt. Die Expertin von der Med-Uni Innsbruck warnte vor einem „zweiten Ischgl“. Wann immer jemand in den vergangenen zwölf Monaten ein Totschlagargument benötigte, mit dem „zweiten Ischgl“ war er gut bedient. Als es vor Weihnachten darum ging, die Skigebiete zu schließen, hallte es aus Deutschland und Italien: „zweites Ischgl“. Nun führen halt die Virusmutationen zu einem „zweiten Ischgl“. So sehr sich die Ischgler diese Ehre selbst zuzuschreiben haben. Aber irgendwann sollte man halt wieder vernünftig argumentieren und nicht reflexartig den Ischgler Pistenteufel an die Wand malen.

Bei aller berechtigter Kritik und Empörung über Skilehrerkurse, in Südafrika golfende Hoteliers und illegale Zweitwohnsitze in Skiorten, und „Gfrasta“ gibt es überall, würde der Wiener Bürgermeister sagen. In Tirol sind sie halt häufiger im Tourismus zu finden. Kein Wunder. Trägt doch der Tourismus dort ein Viertel zur regionalen Wertschöpfung bei. Andernorts sitzen diese Gfrasta eben in der Verwaltung und vergeigen die Impfstrategie. Irgendwie hat man das Gefühl, dass „der Tourismus“ für alles Schlechte herhalten muss. Er ist da in guter Gesellschaft mit „den Politikern“, „den Beamten“, „den Lehrern“. Dass „der Tourismus“ und die Freizeitwirtschaft aber ein Sechstel unserer Wirtschaftsleistung ausmachen, kein anderes Industrieland so stark von dieser Branche profitiert, wird in der öffentlichen Debatte sehr gern ausgeblendet.

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