Landzuflucht de luxe

Der Speckgürtel von Wien legt wieder zu

Derzeit auf dem Markt: Neubauvilla in Grünruhelage in Gießhübl (Bezirk Mödling). Für Objekte wie dieses muss man mehrere Millionen Euro auf den Tisch legen.
Derzeit auf dem Markt: Neubauvilla in Grünruhelage in Gießhübl (Bezirk Mödling). Für Objekte wie dieses muss man mehrere Millionen Euro auf den Tisch legen.[ M&P Real Estate Services ]
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Alle wollen mehr Platz, einen Garten und gern auch einen Pool. All das gibt es vor den Toren der Stadt.

In Sachen Stadtflucht hat es der Wiener nicht weit: Die Preise beginnen gleich hinter der Stadtgrenze um rund ein Drittel zu sinken – was für diejenigen mit gut gefüllten Börsen bedeutet, dass sie ums gleiche Geld mehr Platz, mehr Garten, mehr Parkgelegenheiten und vielleicht noch einen Pool bekommen. Drei dieser vier Assets haben in der Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen und entsprechend die Nachfrage im Speckgürtel angekurbelt.

Grenzverschiebungen

„Den Trend zur Flucht aufs Land kann ich unterschreiben“, bestätigt Karin Bosch, Leiterin der Bereiche Niederösterreich Süd und Exklusivimmobilien bei SReal. 2020 seien sogar solche Immobilien verkauft worden, die gemeinhin als Ladenhüter bezeichnet werden, auch wenn Makler natürlich die Formulierung einer „längeren Vermarktungsdauer“ bevorzugen. „Aufgrund der Covid-19-Einschränkungen haben viele die Notwendigkeit, im Home-Office zu arbeiten, zur Tugend gemacht“, kennt Wilhelm Fetscher, Geschäftsführer von Re/Max DCI, die Gründe, warum das Kaufinteresse im Speckgürtel weiter gestiegen ist. Auch Wochenendhäuser seien nach einem Jahrzehnt der Nichtbeachtung wieder en vogue geworden und haben leicht an Wert gewonnen. Eine Entwicklung, die den Speckgürtel seiner Meinung nach um rund 15 bis 20 Kilometer größer gemacht hat: Dieser reiche nun im Westen bis nach Tulln, im Norden bis nach Mistelbach, im Osten bis an die Staatsgrenze und im Süden bis fast nach Wiener Neustadt.

»"Aufgrund der Covid-19-Einschränkungen haben viele die Notwendigkeit, im Home-Office zu arbeiten, zur Tugend gemacht."«

Wilhelm Fetscher, Geschäftsführer von Re/Max DCI

Bei den Lagen seien manche Käufer ebenfalls deutlich flexibler geworden, berichtet Bosch: „Da fokussiert sich mancher nicht mehr so unbedingt auf die 2380 als Postleitzahl von Perchtoldsdorf, sondern wirft auch einen Blick in die umliegenden Gemeinden.“ Denn Abstriche bei Faktoren wie der Grundstücksgrenze und einer schönen Lage wollen die meisten nicht machen, da werde eher beim Prestige der Adresse ein Kompromiss eingegangen.

Zu den Gewinnern unter den Lagen gehört dabei unter anderem Gaaden. „Das ist eine spannende Region, weil es dort so viele schöne Lagen am Hügel neben dem Naturschutzgebiet gibt und man schon um 6000 bis 7000 Euro pro Wohnquadratmeter etwas mit einer tollen Auffahrt bekommen kann“, erläutert die Maklerin. Neben diesen neuen Kandidaten sei bei den Toplagen „aber alles wie gehabt“, berichtet Makler-Doyen Helfried Mück, Inhaber der frisch gegründeten M&P Real Estate Services. So gehören Perchtoldsdorf und die Hinterbrühl, Maria Enzersdorf, Brunn am Gebirge, Gießhübl und Mödling zu den Favoriten. Baden ist durch die etwas weitere Entfernung zu Wien eine Spur günstiger, aber ebenfalls wieder im Aufwind: „Dazu trägt unter anderem das Stadtmarketing bei. Da ist man wirklich sehr aktiv, was wir dann an der Nachfrage spüren“, meint Bosch.

Preise bleiben hoch

Das nicht zuletzt coronabedingt gestiegene Interesse am Wohnen im Grünen hat auch dafür gesorgt, dass die Preise weiter hoch geblieben sind, weiß Mück. So müssen für Wohnungen mit Terrasse oder Eigengarten – die seit dem ersten Lockdown wieder stärker gefragt sind – zwischen 5000 und 8000 Euro pro Wohnquadratmeter gerechnet werden. Fünfstellige Zahlen werden hier, anders als in Wien, aber noch nicht erreicht.

»"Der Sommer war wirklich super, aber dann hat sich ab November alles eingebremst."«

Helfried Mück, Inhaber von M&P Real Estate Services

Die Villenpreise beginnen bei 1,5 Millionen Euro für „Bastlerhits“, in die dann zumindest noch einmal dieselbe Summe gesteckt werden muss. Die Obergrenze liegt im Speckgürtel bei sechs bis sieben Millionen Euro – für die dann aber der ganz große Luxus geboten werden muss. Etwa in Form von Tiefgaragen oder perfekt sanierter historischer Substanz in bester Lage.

Allerdings ist auch im Speckgürtel nicht mehr alles Gold, wie Mück zugibt. „Der Sommer war wirklich super, aber dann hat sich ab November alles eingebremst“, berichtet der Makler. Was unter anderem an den neuerlichen Lockdowns liegt, durch die eine wichtige Klientel ausgeblieben ist: die Deutschen, die in diesem Segment bis zu 20 Prozent ausmachen können.

> > > Luxus-Objekte, die derzeit verkauft werden, finden Sie unter:  www.diepresse.com/immobilien/objekte/luxus

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2021)

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