Alles andere als eine Realisierung der Öffnungsschritte in Tirol ab Montag sei "klar abzulehnen", lässt Christoph Walser in einer Aussendung wissen. Er übt auch Kritik an Virologin von Laer, sie habe "viel Verunsicherung" ausgelöst.
Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser (ÖVP) hat im Zuge der Debatte über eine mögliche Isolation Tirols oder eine Lockdown-Verlängerung wegen der Südafrika-Mutante scharfe Kritik an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) geübt. "Die Menschen in Österreich haben es satt, täglich die gleichen Mantras serviert zu bekommen. Alles andere als eine Realisierung der Öffnungsschritte ab Montag ist abzulehnen", erklärte Walser in einer Aussendung.
Es sei "gut und richtig", jeder bestätigten Infektion nachzugehen und auch auf Mutationen zu achten. "Wenn diese aber bereits sechs bis acht Wochen zurückliegen, ist Panikmache verantwortungslos. Statt lange zurückliegende Geschehnisse zu diskutieren, sollte sich die hohe Politik damit befassen, Impfstoffe zu beschaffen und die diesbezüglichen Versäumnisse der vergangenen Monate zu kompensieren", richtete Walser Anschober und den Verantwortlichen im Bund aus und fügte hinzu: "Wir müssen uns aus der Pandemie herausimpfen und nicht in den nächsten Lockdown hineinsequenzieren".
Kritik auch an Virologin von Laer
Auch die Virologin Dorothee von Laer, die sich für eine Isolation des Bundeslandes bzw. eine Lockdown-Verlängerung ausgesprochen hatte, nahm Walser ins Visier: Diese habe "viel Verunsicherung" ausgelöst. "Wir sind stolz auf unsere Wissenschaft und damit das so bleibt, sollten sich Experten nicht darin üben, zu verunsichern und sich in den Vordergrund zu spielen", so der WK-Präsident. Tirol sei "kein Experimentierfeld". Die Menschen, die Schülerinnen und Schüler, die gesamte Gesellschaft dürfe "nicht in Geiselhaft genommen werden". "Wir brauchen einen gesamthaften Blick - neben Virologen müssen auch Psychologen, Pädagogen, Soziologen und Ökonomen gehört werden", appellierte Walser. Es dürfe nicht "Theoretikern alleine überlassen werden, was mit unserer komplexen Gesellschaft geschieht".
Eine Entscheidung, ob es in Tirol tatsächlich schärfere Maßnahmen geben wird, soll Sonntagabend fallen. Die Bundesregierung ist im ständigen Kontakt mit Tirol und will bis zum morgigen Sonntag die Datenlage analysieren. Gegenüber ATV schloss Anschober eine Weisung für einen Lockdown in einem Bundesland jedenfalls nicht aus: "Das Steuerungszentrum in dieser Republik, was die Begrenzung der Pandemie betrifft, ist das Gesundheitsministerium", betonte er. Tirols Landesregierung wehrt sich naturgemäß gegen eine Isolation und setzte in den vergangenen Tagen auf flächendeckende Antigentests bzw. "Massentests" in besonders betroffenen Gebieten und vertiefendes Contact Tracing.
Wie wurde im Frühjahr auf Situation reagiert?
Indes beschäftigte sich das Nachrichtenmagazin "profil" erneut mit dem Tiroler Corona-Krisenmanagement des Frühjahrs 2020. Einmal mehr im Fokus: Eine Presseaussendung des Landes vom 5. März, wonach sich 14 in der Heimat positiv getestete Isländer nach ihrem Ischgl-Urlaub vermutlich im Flugzeug angesteckt hätten. Die unabhängige Expertenkommission unter Vorsitz von Ex-OGH-Vizepräsident Ronald Rohrer hatte dies in ihrem Endbericht im vergangenen Herbst als "unrichtig" und "falsch" beurteilt. Es habe sich herausgestellt, dass diese mit zwei verschiedenen Maschinen geflogen waren und ein Gast bereits vor dem Abflug Symptome gezeigt hatte.
Der Büroleiter von LH Günther Platter (ÖVP) habe, so "profil" nunmehr, eine Viertelstunde vor Veröffentlichung des Pressetextes ein E-Mail an die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit geschickt, in dem er aufgrund der Warnung aus Island auf jenen Gast mit den Symptomen Bezug nahm und fragte: "Das würde doch ausschließen, dass sie sich im Flieger angesteckt haben, wenn es die ersten Symptome am 26.2. gab?". Das Land Tirol betonte auf APA-Anfrage erneut, dass "die Medieninformation damals von den Gesundheitsbehörden gemäß ihrer fachlichen Einschätzung und nach den ihnen zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Informationen fachlich genau so freigegeben und deshalb auch versandt wurde". Zudem sei in derselben Medieninformation auch darauf verwiesen worden, dass weitere behördliche Abklärungen stattfinden.
Intervention Platters?
Zudem ortete "profil" eine Intervention Platters - wegen eines aus Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Innsbruck hervorgehenden E-Mail-Entwurfs vom 6. März 2020. In dem Entwurf, der für Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gedacht war, soll sich der Landeshauptmann gegen die Einstufung Südtirols als Risikogebiet ausgesprochen haben und - auf Basis der Einschätzung der Landeseinsatzleitung - um dringende Evaluierung und Widerruf gebeten haben. Südtirol soll noch am selben Tag von der Liste der Risikoländer gestrichen worden sein. Der Entwurf wurde laut Land Tirol nachweislich nicht abgeschickt. Wie die APA aus Landhauskreisen erfuhr, wäre nach dortiger Ansicht aber auch eine Zusendung überhaupt nichts Unlauteres gewesen, weil man nur auf die damalige, noch nicht prekäre Corona-Situation in Südtirol mit nur einem bestätigten und einem wahrscheinlichen Fall hinweisen habe wollen. Das Gesundheitsministerium gab an, die Einstufung Südtirols durch das Robert Koch Institut zunächst vorbehaltlos übernommen zu haben, im Zuge einer Evaluierung diese aber zurückgenommen zu haben, weil "keine reise-assoziierten Fälle mit Bezug zu Südtirol bekannt waren".
(APA)