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Die Grenze als „Wellenbrecher“: Mehr Überwachung

Dolni Dvoriste border crossing, border control
Dolni Dvoriste border crossing, border controlVaclav Pancer / CTK / picturedes
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Innenminister Karl Nehammer verschärft die Kontrollen zu den Nachbarländern. Reisen sollen auf ein absolutes Minimum reduziert werden. In Bayern fürchtet man indes einen neuen „Ischgl-Effekt“.

Wien. Die Corona-Maßnahmen in Österreich werden zwar ab heute, Montag, wieder gelockert. Die Überwachung der Außengrenzen wird aber zugleich verschärft. Die Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern sollen „massiv intensiviert“ werden. Das kündigte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntagnachmittag an.

Reisen sollten auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Nehammer nannte die Grenzkontrollen einen „Wellenbrecher für Infektionsketten, die gerade durch neue Virusmutationen immer gefährlicher werden“. Wobei auf einen solchen „Wellenbrecher“ offenbar vor allem Österreichs Nachbar Deutschland gewartet hat. Insbesondere Bayern.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete „die Kombination aus Mutation und einer überstürzten Lockerung“ in Österreich bereits am Freitag als „schlechtesten Weg“. In der „Bild am Sonntag“ legte sein CSU-Generalsekretär, Markus Blume, nach. Er sprach von einer „unverantwortlichen Öffnungspolitik“ und drohte implizit mit einem harten Grenzregime. „Wenn Tschechien und Tirol Mutationsgebiete sind, dann muss man dies auch feststellen und die Grenzen abriegeln. Wir wollen keinen zweiten Ischgl-Effekt für ganz Europa.“

Diese laute Kritik aus Bayern ist am Sonntag wohl auch Thema bei einem Telefonat zwischen Nehammer und seinem deutschen Amtskollegen Horst Seehofer (CSU) gewesen. Immerhin stammt der selbst aus dem Freistaat. Von dort kam am frühen Sonntagabend dann ebenso die Ankündigung, die Grenzen stärker zu überwachen. Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) hat eine verstärkte Schleierfahndung bei Grenzpendlern, Grenzgängern und Reiserückkehrern angeordnet. Die Situation sei vor allem aufgrund der hochansteckenden Mutanten „brenzlig“.

Breiter Widerstand in Tirol

Die Sorge vor einer weiteren Ausbreitung der in Tirol grassierenden Südafrika-Variante des Coronavirus ist aber auch innerhalb Österreichs groß. Seit Tagen stand deshalb eine Isolation des Bundeslandes oder eine lokale Lockdown-Verlängerung im Raum. Der Sonntag sollte „Tag der Bilanz“ sein. So gab es gestern „permanent Gespräche“. Unzählige Telefonate haben bereits am Vormittag stattgefunden. Am Nachmittag sind Gesundheitsministerium, Bundeskanzleramt, Land und Experten in einer Videokonferenz zusammengetroffen. Zu einem Ergebnis kam man vorerst nicht, die Verhandler gingen auf Tauchstation.

In Tirol selbst hat sich jedenfalls breiter Widerstand formiert. Einer Abschottung Tirols hat Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bereits am Freitag eine Absage erteilt. „Das gibt die Datenlage nicht her“, sagte er. Im Lauf des Wochenendes hat er breite Unterstützung der hiesigen Präsidenten von Arbeiter-, Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer bekommen. Auch alle Tiroler ÖVP-Nationalratsabgeordneten sprachen sich gegen Verschärfungen aus und forderten dieselben Öffnungsschritte wie im Bund.

Bei Tirols Wirtschaftskammerpräsidenten, Christoph Walser (ÖVP), hat das fast schon nach einer Drohung geklungen: „Wenn grad ansatzweise irgendetwas aus dem Gesundheitsministerium kommen sollte, dann werden sie uns am Montag richtig kennenlernen.“

Zahl der Südafrika-Fälle ist gestiegen

Das Gesundheitsministerium hat die Entscheidung in den vergangenen Tagen hinausgezögert. Man wollte die Infektionslage sowie die Ausbreitung der Mutante beobachten. Die Massentests in den betroffenen Regionen wurden ausgeweitet. Die Zahl der Corona-Infizierten in Tirol ist von Samstag auf Sonntag erneut gesunken. Es waren zuletzt 1170. Die Zahl der Südafrika-Fälle ist hingegen gestiegen. Am Freitag ist noch von 75 die Rede gewesen. Am Sonntag waren 165 bestätigt, noch acht davon positiv.

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