Corona-Maßnahmen

Bundesregierung spricht Reisewarnung für Tirol aus

 Sebastian Kurz (l.) und Günther Platter bei einem Tirol-Besuch des Bundeskanzlers im vergangenen Mai.
Sebastian Kurz (l.) und Günther Platter bei einem Tirol-Besuch des Bundeskanzlers im vergangenen Mai.(c) APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Im Streit zwischen Tirol und dem Gesundheitsministerium hat das Kanzleramt ein Machtwort gesprochen. Es gibt eine Reisewarnung - zusätzlich zu einem Maßnahmenpaket für das Bundesland.

Im Streit zwischen der Tiroler Landesregierung und dem Gesundheitsministerium hat das Bundeskanzleramt ein Machtwort gesprochen. Aufgrund der gehäuft aufgetretenen Fälle der südafrikanischen B.1.351-Mutation des Coronavirus wurde - zusätzlich zu dem zuvor angekündigten Maßnahmenpaket - eine Reisewarnung für Tirol ausgesprochen. Es sei alles zu tun, „um zu verhindern, dass sich diese Mutationen immer weiter ausbreiten“, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Konkret: Reisen nach Tirol sollen auf das unbedingt erforderliche Ausmaß verringert werden.

Zudem sind alle, die sich in den vergangenen zwei Wochen in Tirol aufgehalten haben, aufgefordert, sich auf eine Infektion mit dem Virus testen zu lassen, heißt es in einer gemeinsamen Aussage von Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). An all jene, die aus Tirol in ein anderes Bundesland reisen wollen, ergeht die "dringende Aufforderung, unmittelbar vor der Reise einen Covid-19-Test zu machen". Denn, so die Begründung von Anschober: "Die neuen Virus-Mutationen stellen uns vor große Herausforderungen, daher braucht es nun weitreichende Maßnahmen."

Zuvor war die Landesregierung bereits mit einem eigenen Maßnahmenpaket in die Offensive gegangen. Das Paket soll unter anderem einen Aufruf an die Bevölkerung zur allgemeinen Mobilitätseinschränkung, die Vorschreibung von negativen Antigen-Tests für die Benützung von Seilbahnen sowie flächendeckende PCR-Tests in Bezirken mit hoher Sieben-Tages-Inzidenz beinhalten. Der Bund kommt namentlich in Punkt 9 des Maßnahmenpakets vor. Dort heißt es: tägliche Evaluierung und laufende Abstimmung über Lagebild zwischen Bund und Land.

Platter: Mutationslage "sehr ernst" genommen

Platter begründete das Paket am Montag damit, dass man die Lage "sehr ernst" nehme. Allerdings: Tirol liege bei der Sieben-Tages-Inzidenz aktuell besser als der Österreichschnitt und man habe als erstes Bundesland damit begonnen, Mutationsfälle "in großem Stil mit Laboranalysen auf den Grund zu gehen". Auch bei der Zahlenfrage blieb man im Landeshauptmannbüro bis zuletzt bei der Darstellungsweise vom Wochenende: Man habe 165 bestätigte "Südafrika-Mutationsfälle",118 weitere Fälle würden teilsequenziert, 112 Verdachtsfälle seien in Abklärung.

Im Bund wurde die Lage indes anders bewertet: Hinter vorgehaltener Hand wurde vermutet, dass Tirol entsprechende Zahlen vertuschen könnte. Skeptisch zeigte sich unter anderem auch der Virologe Andreas Bergthaler. Er sprach am Montag von mindestens 293 per Ganz- oder Teilgenomsequenzierung bestätigten Proben mit der Sars-CoV-2-Variante B.1.351 in Tirol. In anderen Bundesländern waren es nur neun. Die vom Land Tirol genannte Zahl von nur acht aktiven Mutationsfällen hält Bergthaler für unwahrscheinlich.

Platter kritisierte am Montagnachmittag dann die Bezeichnung "Reisewarnung" für Tirol: Der Aufruf der Bundesregierung zur "allgemeinen Mobilitätseinschränkung" sei zwar richtig, die Bezeichnung Reisewarnung innerhalb Österreichs aber "falsch", ließ der Landeschef in einer Aussendung wissen. Schließlich rufe das Land selbst auch all seine Bürger zu einer möglichst geringen Mobilität und zu möglichst regelmäßigem Testen auf, so Platter. Ansonsten zeigte sich der Landeshauptmann aber froh, dass eine im Raum gestandene Isolation Tirols abgewendet werden konnte - und führte dies eben auf das "Maßnahmenpaket" zurück.

Reisewarnung rechtlich wirkungslos

Eindeutiger zu beantworten ist indes die Frage nach der rechtlichen Verbindlichkeit der Reisewarnung: "Rechtlich ist das genau gar nichts", erläutert der Verwaltungsjurist Karl Stöger. Es handle sich lediglich um eine Empfehlung, die der Steigerung der Aufmerksamkeit dienen solle. Mit Kritik an der Maßnahme hält sich Stöger, der auf Medizinrecht spezialisiert ist, nicht zurück und spricht von einem "Akt politischer Verzweiflung".

(APA/Red.)

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