Interview

„Die Reise von Borrell nach Moskau war ein Fehler“

Josep Borrell mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow.
Josep Borrell mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow.(c) Imago
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Der Hohe Vertreter der EU hat sich mit seinem Auftritt im Kreml selbst geschadet, warnt der EU-Mandatar und frühere polnische Außenminister Radosław Sikorski.

Die Presse: Was war Ihr erster Gedanke, als Sie vorige Woche die Moskauer Pressekonferenz von Josep Borrell, dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow sahen?

Radosław Sikorski: Ich war von Anfang an skeptisch hinsichtlich dieser Reise nach Moskau zum jetzigen Zeitpunkt: es gibt starke Repressionen gegen die Opposition, den Nawalny-Fall, die Kontroverse um Nordstream 2, die ungebrochene Verletzung des Völkerrechts durch Russland in der Ukraine. Ich fragte mich: wäre ich hingefahren? Vermutlich nicht. Denn ohne konkret Erreichbares von russischer Seite sieht so eine Reise nach Moskau wie ein Zugeständnis an die russische Seite aus, das sie nicht verdient haben.

Was wäre die Alternative?

Ich bin immer dafür, mit den Russen zu reden. Diplomatie betreibt man nicht nur mit Freunden, sondern auch mit Rivalen. Und wir reden auch mit anderen undemokratischen Regimen. Aber das heißt nicht, dass man mit ihnen zu jeder Zeit und unter allen Bedingungen spricht. Ich hätte also meine Konversation mit Sergej an einem neutralen Ort begonnen, bei der OSZE zum Beispiel, oder der UNO. Oder ich hätte ihn nach Brüssel eingeladen, wo ich die Agenda kontrolliere. Es ist die erste Daumenregel der Diplomatie, seine Rivalen auf sein Territorium zu locken, wo man die Bedingungen kontrolliert. Der Besuch an sich war ein Fehler. Und dann haben die Russen ihren Vorteil so genutzt, wie sie das immer tun. Das war leider vorhersehbar. Unser Hoher Vertreter hat auch den Fehler gemacht, die Opposition nicht vor der Pressekonferenz zu treffen.

Wieso?

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