Lernen in der Ruine: Die Krux mit den Schulbauten

Lernen Ruine Krux Schulbauten
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Schularchitektur. Kompetenzverteilung erschwert rasches und günstiges Sanieren. Gerade in Wien müssen Schüler weiter in Containern lernen weil an ihren Schulen der Platz fehlt oder weil die Bauten bröckeln.

Wien. Österreich buttert mehr Geld in die Bildung als die meisten OECD-Länder: Von der Volksschule bis zur Universität waren es im Jahr 2007 im Schnitt rund 8600 Euro pro Kopf. Im OECD-Schnitt waren es nur 6400 Euro. Trotzdem schneiden Österreichs Kinder und Jugendliche bei internationalen Vergleichen eher mäßig ab. Was auch am sogenannten dritten Lehrer, der Schularchitektur, liegen könnte, wie Experten meinen: Stimmt das Lernumfeld – in baulicher Hinsicht –, dann beflügle das den Geist, wissen Fachleute wie Brigitte Rabl vom Österreichischen Institut für Schul- und Sportstättenbau, einer Stiftung, die Bundes- und Landesschulen berät.

„Man muss das Raumkonzept immer hinterfragen. Zum Beispiel offene Bereiche für selbstständiges Arbeiten sind heute wichtig, ob vom Klassenraum abgeteilt oder im Vorbereich des Klassenraums“, bricht Rabl eine Lanze für moderne Pädagogik in moderner Architektur. Gerade wenn Schulen Ganztagsschulen werden sollen, bräuchten sie eigene Freizeiträume – oder Freizeitbereiche in den Klassenzimmern.

Wenn die Lage nicht noch viel ernster ist: Gerade in der Bundeshauptstadt müssen hunderte Schüler weiter in Containern lernen – weil an ihren Schulen der Platz fehlt oder weil die Bauten bröckeln. 46 Volks-, Haupt- und Berufsschulstandorte sind es in Wien, an denen insgesamt 226 „Mobilklassen“ geführt werden, berichtet das Büro von Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ). Zum Teil stehen die Metallbauten schon seit den 1980er-Jahren, die älteste „Mobilklasse“ gibt es bereits seit 1971 an der Hauptschule Pachmayergasse in Wien 11.

Für jene 20 „Mobilklassen“, die seit den Sommermonaten stehen, wendet die Stadt Wien heuer 6,1 Mio. Euro auf. Für die Sanierung von Pflichtschulen gibt die Stadt heuer 50 Mio. Euro, für Neubauten 160 Mio. Euro aus. Nicht für Neubauten, aber für die Sanierung hauptzuständig sind allerdings die Bezirke. Zuschüsse der Stadt bekommen sie nur, wenn die Schulen zum Beispiel ein bestimmtes „Alter“ erreicht haben und ins „Schulsanierungspaket“ der Stadt Wien aufgenommen wurden, das für die Jahre 2008 bis 2017 insgesamt 570 Mio. Euro umfasst.

Verputz bröckelt, Glas bricht

Die Bezirke widmen sich der Sanierung von „Schandbauten“ daher nur zögerlich – weil ihnen häufig das Geld fehlt. So wie für die Renovierung der Kooperativen Mittelschule Kleistgasse in Wien 3, um die seit zwölf Jahren ein Holzgerüst steht, weil Verputzteile bröckeln könnten. Erst kürzlich wurde ihre Renovierung angepackt. Als Negativbeispiel gilt auch die „gläserne Schule“ am Kinkplatz in Wien 14 mit brüchigem Glas und hoher Lärmbelästigung.

ÖVP-Landesgeschäftsführer Norbert Walter fordert daher von der Stadt, ihr „Schulsanierungspaket“ auf mehr als eine Milliarde Euro aufzustocken. Sonst werde sich die Negativspirale bald noch schneller drehen: Die Bezirke zögern dringend notwendige Sanierungen hinaus – bis sie umso teurer werden.

HINTERGRUND

Neubauten von Pflichtschulen bezahlt in Wien die Stadt, für Sanierungen zahlen die Bezirke. Die Stadt schießt zum Teil aus ihrem „Schulsanierungspaket“ zu. Für neue Pflichtschulen in den acht weiteren Ländern zahlen die Gemeinden, die Länder schießen teilweise zu. Bundesschulen bezahlt der Bund.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2010)

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