Der 84-Jährige gibt zu, dass das „Kubanische Modell“ nicht mal mehr auf Kuba funktioniert.
Schon oft wurde gemunkelt, dass Kubas Sozialismus ein Auslaufmodell sei. Dass Castro und Co. einmal aufwachen würden, dass Alter kein Hindernis für Einsicht sein müsse, auch nicht bei Hardcore-Ideologen. Nun berichtet ein US-Journalist aus Havanna, dass Castro auf die Frage, ob man Kubas Staatssystem noch exportieren könne, antwortete: „Das kubanische Modell funktioniert nicht mal mehr bei uns selbst.“
Also da hat man echt das Gefühl, der linke Revolutions-Jesus Fidel Castro sei ins Lager seiner bösen rechten kapitalistischen Kritiker gewechselt. Aber das soll kein Grund für Spott sein: Es war seit Jahrzehnten für Menschen ohne rosa Ideologiebrille klar, dass ein realsozialistisches System der Entmündigung auf Dauer null Zukunft hat, da kann es noch so sozialromantische Vorzeigefacetten wie Gratis-Medizin- und Schulsysteme haben. Auch Castro konnte sich lange als ewiger Guerillero des Guten gerieren, aber das gut gemeinte Gegenteil von Liberalismus und Marktwirtschaft, die beide kritikwürdig sind, funktioniert schon gar nicht – besonders, wenn man es mit einem Spitzelsystem und der Beschneidung bürgerlicher Rechte verknüpft.
Dass Kubas Experiment allerdings dermaßen gescheitert und die Insel in Armut versunken ist, liegt auch an der noch peinlichen Boykotthaltung der USA. Diese sollten wieder Handel, Tourismus und politischen Verkehr zulassen, damit die Kubaner die Scherben aufkehren und alles neu aufbauen können. Und was immer das sein wird: Marxistisch wird's gewiss nicht mehr. (Bericht: Seite 6)
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2010)