Die Plattform für - quasi - unendliche Podiumsdiskussionen ist enorm erfolgreich. Nun machen Twitter und Facebook Tempo bei der Entwicklung eines Konkurrenzangebots.
Über den Erfolg von Clubhouse analysieren zu können, wird man noch ein wenig warten müssen. Manche glauben, es würde den schmerzlich vermissten Zufallstratsch zurückbringen. Andere sehen ein elitäres System künstlicher Verknappung im Vordergrund. Wie auch immer, die Mitmach-Talkshow per App macht die Konkurrenz offenbar nervös. Und bringt sie dazu, ihre Angebote zu er- oder überarbeiten.
So weitet Twitter nun den Testlauf seines Angebots Spaces auf mehr Nutzer aus. Es soll ähnlich funktionieren, aber während bei Clubhouse die Zahl der Zuhörer bei einer Talkrunde auf 5000 begrenzt ist, sind bei Spaces keine Beschränkungen vorgesehen. Dabei können bis zu zehn Teilnehmer das Wort ergreifen, mit der Zeit sollen es mehr werden.
Beide Dienste sind bisher nur eingeschränkt verfügbar. Bei Clubhouse gibt es eine Warteliste - oder man braucht die Einladung eines Mitglieds. Spaces testen bisher nur einige tausend Nutzer. Die Unterhaltungen sind - wie bei Clubhouse - nur auf dem iPhone verfügbar. Ansonsten ist bei Spaces noch vieles offen: Etwa, ob es eine Aufnahmefunktion zum späteren Anhören geben soll. Das könnte beim Plaudern die Lockerheit nehmen, so die Befürchtung.
Für die Steuerung der Unterhaltung will Twitter jedenfalls neue Funktionen entwickeln - etwa die Möglichkeit, Redner, die sich schlecht benehmen, herunterzustufen. Twitter hat freilich den Vorteil, dass es bereits ein Geflecht aus Dutzenden Millionen Nutzern gibt, die einander auf der Plattform folgen. An Clubhouse wird kritisiert, dass die App nach Zugriff auf die Kontakte der Nutzer fragt - damit sie schneller Bekannte bei der App finden können.
Nicht nur Twitter arbeitet an seinem Konkurrenzprodukt, auch Facebook hat die Entwicklung eines Konkurrenzprodukts in Auftrag gegeben. (Ziemlich spät, wie Produktchef Kayvon Beykpour meinte). Jedenfalls berichten die "New York Times", dass der Konzern nun Mitarbeiter angewiesen habe, eine eigene Version von Clubhouse zu entwickeln.
Die Plattform hatte in der Coronapandemie enorm an Popularität gewonnen und dabei eine Reihe Prominenter angezogen - darunter auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg selbst, der jüngst bei Clubhouse über Virtual und Augmented Reality plauderte. Und Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk kündigte am Mittwoch an, dass er sich mit Rapper Kanye West bei Clubhouse verabredet habe, was auf der Plattform umgehend für Aufregung sorgte.
Clubhouse
Bei Clubhouse, einem Start-up aus dem Silicon Valley, können die Nutzer per Audio verschiedene "Räume" besuchen, in denen Menschen miteinander reden. Jeder Nutzer kann einen virtuellen Raum zu irgendeinem Thema eröffnen und sich dort mit anderen Nutzern austauschen. Wer einen Raum eröffnet, ist der Moderator. Er entscheidet, wer reden darf.
In der Corona-Ära hat die App mit dem schlichten Fokus auf Sprache eine Nische getroffen - Textnachrichten, Fotos oder Videos gibt es bei Clubhouse nicht. Zudem suggeriert die App den Nutzern ein Gefühl von Exklusivität, denn die Plattform kann nur herunterladen, wer eine persönliche Einladung durch einen bereits registrierten Nutzer bekommt.
In China hatten die Behörden Clubhouse am Montag gesperrt, nachdem die Plattform den Nutzern in der Volksrepublik für kurze Zeit Zugang zu unzensierten Themen ermöglicht hatte und dort vermehrt auch politisch heikle Themen die Unterdrückung muslimischer Uiguren, die Demokratiebewegung in Hongkong und Taiwans Unabhängigkeitskonzept diskutiert wurden.
In Deutschland, wo die App im Jänner auch durch umstrittene Äußerungen von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) in die Schlagzeilen geraten war, schürt Clubhouse indes Bedenken von Datenschützern; am Mittwoch beklagte auch die Stiftung Warentest den Datenhunger der App, die zudem in mehreren Punkten gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoße.
(red.)