Vertreter aus Politik und Wirtschaft begrüßen die Entscheidung von Thilo Sarrazin, seinen Posten im Vorstand der Bundesbank freiwillig zu räumen. Die SPD hofft, dass er nun auch aus der Partei austritt.
Der freiwillige Rückzug Thilo Sarrazins aus dem Vorstand der Deutschen Bundesbank ist in Deutschland mit Erleichterung aufgenommen worden. Sarrazin will nach der heftigen Kritik an seinen Thesen zur Migration zum Monatsende gehen.
"Es ist gut, dass es diese einvernehmliche Regelung gibt und die Bundesbank jetzt in Ruhe an ihren wichtigen Aufgaben arbeiten kann", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag. Er betonte, dass die Regierung keinen Einfluss auf diese Entscheidung genommen habe. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe schon zuvor keine Handlungsempfehlung gegeben, weil sie die Unabhängigkeit der Bundesbank achte.
"Wer gegen Ausländer hetzt, hat in öffentlichen Ämtern nichts zu suchen"
Auch die stellvertretenden Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, begrüßte Sarrazins Entschluss: "Wer gegen Ausländer und sozial Benachteiligte hetzt, hat in öffentlichen Ämtern nichts zu suchen." Kipping forderte, das Berufungsverfahren für den Bundesbank-Vorstand zu ändern: "Alle Vorstände müssen ein parlamentarisches Anhörungsverfahren durchlaufen. Es kann jetzt nicht alles beim Alten bleiben."
SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Sebastian Edathy legte Sarrazin ein freiwilliges Ausscheiden aus der Partei nahe: Sollte es sich bei seinem Ausscheiden "tatsächlich um einen Schritt aus Einsicht handeln, dann sollte der nächste Schritt folgen: Der Austritt aus der SPD". Gegen Sarrazin läuft bereits ein Partei-Ausschluss-Verfahren.
"Ich halte das für eine sehr honorige, einvernehmliche Lösung, die viel quälende Diskussionen für alle Beteiligten beendet hat", sagte der Geschäftsführende Vorstand des Deutschen Aktieninstitutes, Rüdiger von Rosen. Die Debatte um Sarrazin solle genutzt wird, das politische Verfahren für die Berufung von Bundesbankvorständen zu überdenken. "Eine fachorientierte Besetzung ist sehr wichtig - wobei niemand die fachliche Kompetenz von Herrn Sarrazin infrage gestellt hat." Bisher werden Vorstandsmitglieder der Zentralbank von der Bundesregierung und den Bundesländern vorgeschlagen.
Sarrazin spricht von "massivem Druck"
Sarrazin selbst sagte am Donnerstagabend, er habe in den vergangenen 14 Tagen "massiven Druck" gespürt. "Das war für mich nicht einfach." Er habe sich überlegt, ob er es sich leisten könne, sich "mit der gesamten politischen Klasse in Deutschland anzulegen". "Diese Situation hält auf Dauer keiner durch", sagte Sarrazin.
In seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" warnt er vor einer Überfremdung Deutschlands durch weniger intelligente Ausländer. In einem Zeitungsinterview sprach er zudem davon, alle Juden teilten ein bestimmtes Gen. In Umfragen hat der strittige Banker viel Zustimmung, aus politischen Parteien aber überwiegend kräftigen Gegenwind erhalten.
(Ag.)