Kultur

Eröffnung der Bundestheater zu Ostern?

01.04.2020, Innere Stadt, VERLASSENES WIEN, eine Weltstadt in der COVID-19 Pandemie im Bild: Wiener Rathausplatz, Wiener
01.04.2020, Innere Stadt, VERLASSENES WIEN, eine Weltstadt in der COVID-19 Pandemie im Bild: Wiener Rathausplatz, Wiener(c) imago images/K.Piles (Kurt Piles / Imago / Wien via ww)
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„Klimawandel“ in den Staatstheatern. Die Reserven schmelzen „wie die Gletscher“. Trotzdem meldet Holding-Chef Christian Kircher: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen!“

Persönlich gehe er von einer Wiedereröffnung der Bundestheater nicht vor Ostern aus, erklärte Holdinchef Christian Kircher bei der Bilanzpressekonferenz, die erstmals via Zoom (virtuell) übertragen wurde. Zwar sei man bisher „mit einem blauen Auge davon gekommen“, aber die Reserven schmelzen wie im Klimawandel die Gletscher, so Kircher. Die Bundestheater könnten zwar „den Schlüssel umdrehen und aufsperren“, aber es brauche einen Vorlauf von vier Wochen, weil der Ticketverkauf erst wieder starten muss. Bezüglich Übertragungen aus dem Sprechtheater bzw. Streams, die wie bei der Staatsoper funktionieren sollen, sei man im Gespräch, erklärte Kircher am Freitag.

Die Zukunft sei ungewiss, bei Häusern, die höhere Karteneinnahmen haben wie die Staatsoper wirke sich der Lockdown in Folge der Corona-Pandemie stärker aus als beim Burgtheater und der Volksoper.

Die Mitarbeiter der Bundestheater, die wegen Corona in Kurzarbeit sind und seit Monaten auf rund 20 Prozent ihres Gehaltes verzichten, werden laufend getestet. Kircher betonte, dass die Sicherheitskonzepte für das Publikum (bis zur Sperre im Spätherbst 2020) klaglos funktioniert hätten, es hätte keinen Corona-Fall gegeben. Und bei den Mitarbeitern konnten aufgrund der Testungen Infektionsketten vermieden werden.

Premierenabsagen können teuer werden

Ein Problem seien die Premierenplanungen für die nächste Saison, vor allem im Musiktheaterbereich müsse man wegen der unsicheren Pandemiesituation mit Kosten rechnen, wenn Premieren abgesagt werden.

Kommt eine Verlängerung der Saison in den Sommer hinein in Frage? Nein, sagt Kircher klar, wegen der Salzburger Festspiele, wo etwa das Orchester (der Staatsoper, die Philharmoniker) unverzichtbar seien - oder auch Schauspieler aus dem Burgtheater („Maria Stuart“).

Volksoper erreichte Rekordauslastung - vor der Pandemie

Zu den Zahlen: Die Bundestheater erhalten pro Jahr eine sogenannte Basisabgeltung oder Subvention von ca. 162 Millionen Euro. Die höchste Eigendeckung hat die Staatsoper mit 32 Prozent gegenüber früher 46 Prozent. Dieser „Absturz“ ist vor allem auf die Corona-Pandemie und die Sicherheitskonzepte zurückzuführen. Es konnten einfach viel weniger Karten verkauft werden, was allerdings speziell die Volksoper hart traf, die 2020 vor der Sperre 28.000 Besucher mehr anzog und eine ihrer höchsten Auslastungen erreichte: Fast 90 Prozent, dergleichen Spitzenergebnisse schafft sonst höchstens die Staatsoper.

Die künftige Volksopernchefin Lotte de Beer, die das Haus am Gürtel 2022 von Robert Meyer übernimmt, hat sich sicher schon angesehen mit welchen Aufführungen der Sprung nach oben in den Zuschauerzahlen erlangt wurde.

Automatische Kostensteigerungen durch Gehaltserhöhungen

Die Mitarbeiterzahl der österreichischen Bundestheater, die als einer der größten Theaterkonzerne der Welt gelten, ist mit rund 2400 Personen durch natürliche Abgänge seit Jahren leicht rückläufig. Die Kosten steigen allerdings durch die jährlichen Gehaltserhöhungen von um die zwei Prozent rasant.

Mit Emoticons bilden die Bundestheater die finanzielle Entwicklung für die nächsten Jahre ab, da sieht man rote Gesichter mit herabgezogenen Mundwinkeln. Allerdings wurde die Basisabgeltung auch immer wieder leicht erhöht. Die ehemalige Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann hat mit Stolz ihrem Nachfolger Martin Kusej 2,5 Millionen Euro Reserven hinterlassen, die freilich angesichts der Corona-Sperren und der Einnahmenverluste bei den Karten keine große Rolle mehr spielen dürften.

In normalen Jahren haben die Bundestheater aus Ticketverkäufen Erlöse von 58 Millionen Euro. Da kann man sich vorstellen wie die Zahlen sind, wenn wegen der Pandemie nur mehr jeder zweite oder dritte Platz besetzt ist. Bei der Pressekonferenz wurde ein Foto mit den erschreckenden Lücken im Zuschauerraum der Staatsoper gezeigt - die Besucher kennen diesen wunderschönen Ort unter den Vorgängern des jetzigen Staatsoperndirektors Bogdan Roščić, Dominique Meyer und Ioan Holender, eigentlich meist nur „rappelvoll“.

Umso wichtiger sind die Übertragungen bzw. der Stream im ORF. Holdingchef Kircher lobte Roščićs Aktivitäten in höchsten Tönen, wandte aber auch ein, dass das Musiktheater im Fernsehen nun einmal höhere Zuseherzahlen erreiche als das Sprechtheater. Burg-Geschäftsführer Robert Beutler wies im Anschluss an die Pressekonferenz am Freitag in einer Aussendung auf die Bemühungen der Burg um Präsenz im Netz hin, ein Überraschungserfolg war da etwa offenbar „Die Maschine in mir“, eine Liveperformance mit Michael Maertens aus dem Kasino um die Jahreswende.

Holding-Auflösung kein Thema mehr

Immer wieder wurde in der Vergangenheit die Auflösung der Bundestheater-Holding diskutiert. Umso mehr war Holdingchef Kircher bemüht, deren Leistungen ins rechte Licht zu rücken, Controlling, etc. Nicht zuletzt kümmert sich die Holding um Investitionen, etwa in die Klimt-Fresken im Burgtheater, ein aufwendiges Restaurierungsprojekt. Fast fünf Millionen Euro werden für die historischen Bauten aufgewendet, unter diesen Ausgaben befindet sich auch das neue Besucher-und Kassenzentrum in der Staatsoper.

Nach den finanziellen Turbulenzen („Burgtheater-Skandal“ 2011/12) und damit einhergehenden Vorwürfen des Burg-Ensembles wegen sexueller Belästigung ist man nun sehr um sogenannte „Compliance“ (Regeltreue in Unternehmen) bemüht, wofür es eigene Broschüren gibt, in denen auch Mobbing, Geschenk-Annahme etc. berücksichtigt sind.

So nüchtern der amtierende Holdingchef Kircher verbal im Vergleich zu seinem gern in barocken Wort-Kaskaden schwelgenden Vorgänger Georg Springer wirkt, in der Sache scheinen sich die beiden erstaunlich ähnlich zu sein: Die Argumentation geht immer so, dass die Reserven im Abschmelzen sind, die Bilanz sich in Richtung einer knappen schwarzen oder roten Null bewegt und auf Sicht mehr Mittel für die Staatstheater vonnöten sein werden, eben nicht nur wegen Einnahmenausfällen infolge der Pandemie, sondern wegen der jährlichen Gehaltserhöhungen.       

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