Anthropogenes Uran aus unbekannter Quelle in Ostsee nachgewiesen

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Der Nachweis gelang mit Hilfe von Wiener Physikern. Das Uran könnte aus Kernforschungsanlagen oder aus in der Ostsee entsorgten Kernreaktoren stammen.

Im Vorjahr haben Wiener Physiker eine neue Methode vorgestellt, mit der sich Quellen von Uran-Emissionen identifizieren lassen. Sie basiert auf dem Verhältnis von zwei Uran-Isotopen. Mit dieser Methode haben sie nun mit dänischen Kollegen - neben erwartbaren Spuren aus Kernwaffentests und Wiederaufbereitungsanlagen - vom Menschen produziertes (anthropogenes) Uran unbekannter Herkunft in der Ostsee nachgewiesen. Sie berichten darüber im Fachjournal "Nature Communications".

Der von den Wiener Physikern entwickelte Fingerabdruck für anthropogenes Uran basiert auf den beiden Uran-Isotopen 233U und 236U (Isotopen sind Varianten eines Elements mit unterschiedlicher Masse). Bei Uran-233 handelt es sich um Rückstände aus atmosphärischen Kernwaffentests aus den 1950er und 1960er Jahren. Dieses Isotop kommt allerdings nur in extrem niedrigen Konzentrationen vor, sein Nachweis gelang erst nach einer umfangreichen Aufrüstung des "Vienna Environmental Research Accelerator" (VERA) an der Universität Wien. Als weltweit einzige Forschungseinrichtung können damit Uran-233-Spuren im Attogramm-Bereich, also einem Trillionstel Gramm, nachgewiesen werden.

Durch die weltweit erstmalig mögliche Analyse von Uran-233 in der Umwelt in Verbindung mit der bereits etablierten Analyse von Uran-236 "kann man jetzt unterscheiden, ob das Uran einer Probe aus Kernwaffentests kommt oder aus Reaktoren", erklärte der Isotopenphysiker Peter Steier von der Uni Wien im Gespräch mit der APA. Die beiden Uran-Isotope sind zwar aufgrund ihrer verschwindend geringen Radioaktivität strahlenmedizinisch unbedenklich. "Sie könnten aber auf nicht deklarierte Freisetzungen von Kernbrennstoffen mit anderen, gefährlichen Isotopen hinweisen."

Gemeinsam mit Kollegen der Technischen Universität Dänemark haben die Wiener Physiker in Proben aus einem großen Teil der Ostsee das Verhältnis der beiden Uran-Isotope untersucht. Dabei zeigte sich in der Ostsee ein "deutlich höherer Anteil" an Uran-236 als zu erwarten gewesen wäre, sagte Steier. Der Grund dafür muss eine bisher unbekannte, bedeutende Quelle von anthropogenem Uran sein. Aus dem Verhältnis von 233U und 236U könne man schließen, dass es sich dabei um Material handelt, das in Reaktoren erzeugt wurde.

In der Arbeit diskutieren die Wissenschafter auch über die mögliche Herkunft des Urans. Dieses könnte aus Kernforschungsanlagen stammen, wie etwa hohe 236U-Werte im Sediment in der Nähe von Studsvik (Schweden) belegen, oder aus Kernreaktoren, die auf dem Meeresboden der Ostsee entsorgt wurden, schreiben die Wissenschafter in ihrer Arbeit.

(APA)

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