Corona

Der ungarische "Sputnik-Schock"

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Die ungarische Regierung hat mit der Impfung des russischen Vakzins Sputnik V begonnen. San Marino will auch bestellen, die italienische Region Venetien auf eigene Faust Impfstoff herbeischaffen.

Der Name hat historischen Klang: Sputnik. Im Kalten Krieg nannte die Sowjetunion so ihre ersten Satelliten im Weltall. Als diese in den 1950er Jahren starteten, war dem Rest der Welt klar, dass sowjetische Forscher den Westen in manchen Bereichen abgehängt hatten. Um dieses Gefühl der Überraschung zu beschreiben, wurden die Begriffe "Sputnik-Schock" oder "Sputnik-Moment" erfunden. Nicht ohne Grund heißt der russische Impfstoff gegen Covid-19 auch Sputnik, genauer gesagt Sputnik V, wie es sein Namensschöpfer, einer der führenden russischen Finanzmanager, wollte.

Als bisher einziges EU-Land hat nun Ungarn mit der Verabreichung des russischen Covid-19-Impfstoffs begonnen. In vier Budapester Krankenhäusern wird am Freitag die Verabreichung von 2.800 Dosen des in der EU nicht zugelassenen Vakzins beginnen, erklärte die Oberste Amtsärztin Cecilia Müller in einer Online-Pressekonferenz.

In der EU bislang nicht zugelassen

560 Hausärzte werden für den Impfstart mit Sputnik V je fünf Patienten im Alter zwischen 60 und 74 Jahren benennen, die nicht an Vorerkrankungen leiden. Ungarn hatte dem russischen Impfstoff eine Notzulassung erteilt. Ärzte und Fachleute bemängeln, dass die Gesundheitsbehörden ihre Überprüfungen oberflächlich und intransparent durchgeführt hätten. Im Kampf gegen die Pandemie setzt Ungarns rechtsnationaler Ministerpräsident Viktor Orban auf Impfstoffe, die in der EU nicht zugelassen, aber auf dem freien Markt verfügbar sind.

So hat Ungarn in Russland zwei Millionen Dosen Sputnik V und in China fünf Millionen Dosen des dort entwickelten Präparats Sinopharm bestellt. Ungarn hat knapp zehn Millionen Einwohner.

Eine jüngste Verordnung Orbans hat das Verfahren der Notzulassung von Covid-Impstoffen in Ungarn bedeutend vereinfacht. Demnach reicht es aus, wenn der betroffene Impfstoff in mindestens drei Ländern der Welt, darunter mindestens ein EU-Kandidatenland, verwendet wird und das Vakzin weltweit mindestens einer Million Menschen verabreicht wurde.

Auch San Marino will Sputnik

Am Freitag gab der europäische Kleinstaat San Marino bekannt, ebenfalls in Russland einkaufen zu wollen. Darüber soll das Parlament des 33.000-Einwohner-Landes in mehr als einer Woche entscheiden. Vom russischen Hersteller von Sputnik V heißt es, dass er die EU aufgrund der Produktionskapazitäten frühestens im Mai oder Juni beliefern könnte.

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte vergangenes Wochenende, er wolle Sputnik V in Österreich produzieren lassen. Das Vakzin ist bislang in einer Reihe von Ländern zugelassen: Neben Ungarn beispielsweise auch noch in Argentinien, im Iran, Venezuela, Belarus, Tunesien oder Mexiko. In den EU-Behörden soll bislang kein Antrag auf Zulassung eingegangen sein.

Die italienische Region Venetien bemüht sich indes, selbst an Millionen von Vakzinen zu kommen, da die gesamtitalienische Impfkampagne äußerst schleppend verläuft. Voraussetzung ist das Okay der italienischen Pharmabehörde, ein entsprechender Antrag wurde bereits eingebracht.

(zot/APA/dpa)

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