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Tirol, Wakanda und andere Sperrgebiete

Abgesonderte Zonen verheißen im Film selten Gutes – es sei denn, sie locken mit zauberhaften Geheimnissen. Fünf eingehegte Empfehlungen.

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The Village

Von M. Night Shyamalan, 2004
Zum Leihen/Kaufen bei diversen Anbietern (ab 2,99 €)

Dass ein ganzes Bundesland zum (Quasi-)Sperrgebiet erklärt wird, hätte man sich vor Corona nicht im Traum gedacht. Abgeriegelte Zonen, das evoziert Kriegszusammenhänge, extreme Katastrophenszenarien – und Fiktionen aus der Popkultur. Dort sind sie bisweilen sogar positiv besetzt, wie das „kleine gallische Dorf“, hinter dessen Pfahlwällen Asterix & Co den römischen Horden Paroli bieten. Zäune und Mauern lassen sich bekanntlich zweiseitig auslegen: Dienen sie dem Schutz vor einer gefährlichen Außenwelt – oder halten sie das Innere in Gewahrsam?

Kurz vor dem Absturz seines künstlerischen Renommees (und eine Weile vor seiner kommerziellen Rehabilitation) spielte Hollywoods Mystery-Meister M. Night Shyamalan in „The Village“ mit dieser Dialektik. Eine friedliche Weiler-Gemeinschaft lebt hier in Angst vor Ungeheuern, die in den Wäldern umgehen – und Reisen jenseits abgesteckter Grenzen verhindern. Die Parabel punktet mit satter Starbesetzung (Bryce Dallas Howard, Joaquin Phoenix, Sigourney Weaver, William Hurt, Adrien Brody, Brendan Gleeson, Jesse Eisenberg) und kunstvoller Inszenierung. Die Auflösung ihrer Rätsel bleibt Geschmackssache; am überraschendsten ist letztlich das moralische Fazit des Films.

The Beach

Von Danny Boyle, 2000
Zu sehen auf Amazon, Netflix und Sky

Backpacking, gibt es das eigentlich noch? Um die Jahrtausendwende barg der Begriff die Verheißung von Freiheit und Glück. Resort-Tourismus? Pfui – her mit dem Vagabunden-Abenteuer! Vielleicht stößt man ja wie weiland Leo DiCaprio in „The Beach“ auf ein verstecktes Inselparadies, wo Freigeister eine geheime Subsistenz-Kommune installiert haben. Als Österreicher weiß man freilich, wie schnell so etwas ins Auge gehen kann. Die Utopie-Kritik des Films bleibt an der Oberfläche. Dafür frönt Regisseur Danny Boyle („Trainspotting“) ausgiebig dem visuellen Reiz des exotischen Schauplatzes. Vorlage und Drehbuch stammen von Sci-Fi-Hoffnung Alex Garland („Ex Machina“, „Annihilation“, „Devs“).

Black Panther

Von Ryan Coogler, 2018
Zu sehen auf Disney+

Dieser Marvel-Blockbuster wurde vor allem unter Diversitäts-Vorzeichen diskutiert. Interessant ist aber auch sein ungewöhnliches Plot-Gerüst: Der afrikanische (und afrofuturistische) Staat Wakanda hat sich mittels magischer Weltraumtechnologie von Fremdwahrnehmung abgeschottet. Das vermeintliche Schwellenland ist in Wahrheit Weltmeister in Sachen Wissenschaft, doch aus Angst vor Ausbeutung beharrt es auf Totalautonomie. Der Streit um die Thronfolge im Zentrum der Handlung ist auch ein Streit um Für und Wider von Isolationismus, um die Bedeutung kultureller Integrität, um unterschiedliche Haltungen zur Globalisierung. Hardliner kämpfen hier gegen Reformer. Das Actionspektakel gewinnt.

Das Schloss im Himmel

Von Hayao Miyazaki, 1986
Zu sehen auf Netflix

Geheime Gärten, unsichtbare Königreiche, versunkene Metropolen: Die Geschichte der Fantastik steckt voller wundersamer Refugien, die (Kinder-)Träumen Spielwiesen und Schutzräume bieten. Klar, dass auch der Erzählkosmos des Anime-Doyens Hayao Miyazaki nicht ohne solche Sehnsuchtsorte auskommt. Wer würde nicht im „Schloss im Himmel“ leben wollen? Na gut: Vielleicht lauert dort ein gefräßiger Riese wie im englischen Märchen „Jack and the Beanstalk“. Bei Miyazaki nicht. Stattdessen erwartet einen über den Wolken gewohnt atemberaubende Animationskunst – und das für den japanischen Autorenfilmer typische Tauziehen zwischen organischer Erdverbundenheit und verhängnisvoller Technikbegeisterung.

The Wicker Man

Von Robin Hardy, 1973
Zu sehen auf Sky

Während manche sich schwer damit tun, die Kirche im Dorf zu lassen, reiben sich andere daran auf, sie hineinzutragen. So auch Sergeant Neil Howie (Edward Woodward), Hauptfigur des britischen Kultfilms „The Wicker Man“. Eine anonyme Vermisstenanzeige ruft den rechtschaffenen Christ und Saubermann nach Summerisle - ein schottisches Eiland, per Meer von der Außenwelt abgeschot... sagen wir "abgeschnitten". Dort waltet ein intellektueller Aristokrat (famos: Christopher Lee) mit exzentrischen Interessen über eine Gemeinde, deren archaische Gebräuche dem verstockten Ordnungshüter bald kalte Schauer (und feuchte Träume) bescheren.

Was ist hier nur los? Dürfen die das überhaupt? Wo sind die Zügel der Vernunft, die strammen Pfeiler des Glaubens und der Aufklärung? Ein Hauch von Heidentum liegt in der Luft. Und kündet von Unheil. Robin Hardys Ausnahmewerk ist nicht nur ein überlegener Vorläufer des Volkshorrorfilms „Midsommar“, es bietet dem geneigten Publikum eine bis zum bitteren Ende ambivalente Auseinandersetzung mit dem ewigen Widerstreit zwischen Natur(-gläubigkeit) und Kultur(-fanatismus), dessen radikales Finale bis heute verstört. Durchwegs ergötzlich bleibt dafür der somnambule Folk-Soundtrack von Paul Giovanni.

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