Porträt

Neue Regierung in Italien gebildet: Mario Draghi, der „Retter“

Mario Draghi ist nun in Rom am Ruder: Der designierte Ministerpräsident soll die italienischen EU-Milliarden sichern.
Mario Draghi ist nun in Rom am Ruder: Der designierte Ministerpräsident soll die italienischen EU-Milliarden sichern.Reuters
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Die neue italienische Regierung unter Mario Draghi steht. Der Ex-Chef der EZB, eint – vorerst – Italien. Er kann als designierter Premier auf breite, parteiübergreifende Unterstützung zählen. Doch wie lang währen die Flitterwochen?

Die neue Regierung Italiens unter dem designierten Ministerpräsidenten Mario Draghi steht. Dem neuen Kabinett aus 23 Mitgliedern gehören 15 politische Minister und Ministerinnen aus den Reihen der populistischen Fünf Sterne-Bewegung, der Sozialdemokraten (PD), der rechten Lega, der konservativen Forza Italia, der Linkspartei Leu (Liberi e uguali) und der Splitterpartei Italia Viva an. Ministerposten übernehmen auch acht parteiunabhängige Fachleute.

Der parteiunabhängige Generaldirektor der italienischen Notenbank, Daniele Franco, wird Wirtschaftsminister. Die parteiunabhängige Innenministerin Luciana Lamorgese bleibt im Amt. Auch im Außenminister gibt es keinen Wechsel, der Spitzenpolitiker der Fünf Sterne-Bewegung Luigi Di Maio bleibt Chefdiplomat. Auch Kulturminister Dario Franceschini, führende Persönlichkeit der Sozialdemokraten, und Gesundheitsminister Roberto Speranza dürfen ihren Ministerposten weiter bekleiden. Zur Justizministerin rückt die angesehene Ex-Präsidentin des Verfassungsgerichts Marta Cartabia auf.

Die rechte Lega ist mit drei Ministern vertreten. Giancarlo Giorgetti, Nummer zwei der Partei, rückt zum Industrieminister auf. Erika Stefani wird Ministerin für die Inklusion von Menschen mit Behinderung. Außerdem übernimmt die Lega mit Massimo Garavaglia das Tourismusministerium. Eingeführt wird ein "Ministerium für den ökologischen Übergang", den der Manager Roberto Cingolani, Topmanager des halbstaatlichen Rüstungskonzerns Leonardo, bekleiden wird. Der bekannte Telekom-Unternehmer Vittorio Colao wird zum Minister für den digitalen Übergang.

Auch die Forza Italia um Expremier Silvio Berlusconi erhielt einige Ministerposten. So rückt die Ex-Bildungsministerin in der Regierung Berlusconi, Maria Stella Gelmini, zur neuen Regionenministerin auf. Der Forza Italia-Spitzenpolitiker Renato Brunetta übernimmt erneut den Posten des Ministers für die öffentliche Verwaltung, einen Posten, den er bereits bekleidet hatte. Die Forza Italia-Parlamentarierin, Mara Carfagna, wird Ministerin für Süditalien.

Nach der Vereidigung, die am Samstag um 12.00 Uhr geplant ist, muss das neue italienische Kabinett, das dritte der im März 2018 begonnenen Legislaturperiode, nun die Unterstützung des Parlaments erhalten. Noch unklar ist, wann die Vertrauensabstimmung in beiden Kammern des Parlamentes stattfinden wird.

Am Donnerstag hatten die Fünf Sterne ein entscheidendes Hindernis auf dem Weg zur neuen Regierung aus dem Weg geräumt: Bei einer Onlineabstimmung sprachen sich rund 59 Prozent der teilnehmenden Mitglieder für das Bündnis mit Draghi aus.

Italien ist seit fast einem Monat inmitten der Corona-Krise und einer schweren Rezession ohne voll funktionsfähige Regierung. Ministerpräsident Conte hatte seinen Rücktritt erklärt, nachdem die von ihm angeführte Mitte-Links-Koalition am Streit um die Verwendung der Corona-Hilfsgelder der Europäischen Union zerbrochen war. Staatspräsident Mattarella hatte Draghi daraufhin vergangene Woche mit der Bildung einer Einheitsregierung beauftragt.

Normalerweise zeichnet sich das italienische Politikgeschehen durch jede Menge Streit und Machtkämpfe aus. So wirkt es fast schon unheimlich, was sich in den vergangenen Tagen im Land zugetragen hat: Seitdem Staatspräsident Sergio Mattarella den ehemaligen Präsidenten der europäischen Zentralbank, Mario Draghi, mit der Regierungsbildung beauftragt hat, sind sich plötzlich alle überraschend einig.

Das gesamte politische Spektrum steht hinter Draghi vereint. Am Donnerstagabend reihte sich mit den populistischen Fünf Sternen nun auch die im Parlament zahlenmäßig größte Partei in die Riege der Unterstützer ein. Obwohl die Partei auf einem Anti-Establishment-Versprechen basiert, befürworteten in einem Online-Votum zuletzt 60 Prozent der Mitglieder eine Kooperation mit der Draghi Regierung.

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