Studie

Home Schooling macht Kinder kurzsichtig

 Laut einer Reihenuntersuchung an 123.000 Schulkindern hat die Häufigkeit von Kurzsichtigkeit der Sechs- bis Achtjährigen in China im Jahr 2020 im Durchschnitt um 0,3 Dioptrien zugenommen.
Laut einer Reihenuntersuchung an 123.000 Schulkindern hat die Häufigkeit von Kurzsichtigkeit der Sechs- bis Achtjährigen in China im Jahr 2020 im Durchschnitt um 0,3 Dioptrien zugenommen. imago images/Westend61
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Eine Studie unter 123.000 Schulkindern in China zeigt eine Zunahme der Kurzsichtigkeit, insbesondere bei Achtjährigen.

Das hat bei den gesundheitlichen Konsequenzen der Sars-CoV-2-Pandemie gerade noch gefehlt: Laut einer Reihenuntersuchung an 123.000 Schulkindern hat die Häufigkeit von Kurzsichtigkeit der Sechs- bis Achtjährigen in China im Jahr 2020 im Durchschnitt um 0,3 Dioptrien zugenommen. Ursachen für die Zunahme könnten der seltenere Aufenthalt im Freien und das mit viel Bildschirmarbeit verbundene Home Schooling während des pandemiebedingten Lockdowns sein.

Grundlage der wissenschaftlichen Untersuchung, die in JAMA Ophthalmology erschienen ist, waren die jährlichen Routineuntersuchungen auf Kurzsichtigkeit bei Volksschulkindern in der chinesischen Stadt Shandong. Dabei verglichen die Forscher die Ergebnisse der Jahre 2015 bis 2020.

Resultat: Der Anteil der Kurzsichtigen pro Jahrgang stieg bei den Sechsjährigen von 5,7 Prozent in 2019 auf 21,5 Prozent im Jahr 2020, bei den Achtjährigen erhöhte sich die Quote in diesem Intervall von 27,7 auf 37,2 Prozent. Vor allem jüngere Kinder, bei denen der Augapfel noch wächst, sind demnach besonders von mangelnden Aktivitäten im Freien und Home Schooling betroffen, stellte die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) jetzt fest.

Hohe Fallzahl, unpräzise Brillenwerte

"Die Stärke der Studie liegt eindeutig in der hohen Fallzahl", erklärte Wolf Lagreze (Universitäts-Augenklinik Freiburg). "Ihre Schwäche liegt darin, dass die Brillenwerte nicht mit erweiterter Pupille bestimmt wurden. Ferner gibt es keine Daten zur Länge des Augapfels, was heute eigentlich Standard ist in derartigen Studien, aber natürlich bei solch einer riesigen Kohorte schwer umzusetzen ist", fügte der DOG-Experte hinzu.

Dennoch sind die deutschen Fachleute besorgt. "Sollte sich der Effekt dieser Studie bewahrheiten, dass Sechs- bis Achtjährige durch einen Lockdown einen solch starken Refraktionsfehler in jungen Jahren entwickeln, ist von einer Zunahme der kindlichen Kurzsichtigkeit auch bei uns auszugehen, da wir im Frühjahr ebenfalls einen längeren Lockdown mit geschlossenen Schulen, aber auch geschlossenen Spielplätzen hatten", ergänzte Alexander Schuster vom Zentrum für ophthalmologische Epidemiologie und Versorgungsforschung der Augenklinik und Poliklinik an der Universitätsmedizin Mainz.

"Schreibtische möglichst nahe zu großen Fenstern"

Die deutschen Fachleute raten daher allen Eltern, ihren Kindern während Lockdown/Home Schooling täglich einen Aufenthalt von mindestens zwei Stunden im Freien zu ermöglichen. "Auch sollten die Schreibtische der Kinder während des Home Schoolings möglichst in der Nähe großer Fenster stehen, um die Leuchtdichte zu erhöhen", ergänzte Lagreze. Außerdem empfehlen die Augenexperten, für den Online-Unterricht große Bildschirme zu nutzen und einen Augenabstand von mindestens einem halben Meter zum Monitor einzuhalten. "Um kleinere Kinder von Smartphones fernzuhalten, die ebenfalls unter Verdacht stehen, Kurzsichtigkeit zu fördern, bieten sich Hörbücher an", erklärte Schuster.

Die Frage, ob die Ursache der Zunahme an Kurzsichtigkeit eher auf verstärkte Bildschirmarbeit oder aber den fehlenden Aufenthalt im Freien zurückzuführen ist, beantwortet die chinesische Studie nicht. Vor kurzem hätte allerdings eine große Untersuchung aus Taiwan belegt, dass die Zunahme an Kurzsichtigkeit bei Kindern durch einen täglichen Aufenthalt im Freien von 120 Minuten während der Schulzeit umgekehrt werden konnte. Die Rate an Kurzsichtigkeit sei dadurch von 50 Prozent auf schließlich wieder 40 Prozent deutlich gesunken.

(APA)

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