Noch nie hat die Europäische Kommission ein Verfahren gegen einen Mitgliedstaat wegen dessen Grenzkontrollen eröffnet. Sie wird es in der Pandemie erst recht nicht tun.
Die Beamtin der Europäischen Kommission war sichtlich überrascht, als sie am Dienstag die Frage der „Presse“ vernahm: Hat die Kommission als Hüterin der Verträge jemals ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat eröffnet, weil dieser Grenzkontrollen oder gar -schließungen ohne Rücksicht auf das geltende Unionsrecht eingeführt hatte? „Nein, das haben wir nicht, so weit ich das im Überblick habe“, lautete ihre Antwort.
Damit lassen sich all die wortreichen Debatten und Klagen darüber, wieso Brüssel den willkürlich anmutenden Grenzsperren von bisher zehn Mitgliedstaaten nicht Einhalt gebietet, rasch beenden. Die Kommission hat es bisher noch nicht gewagt, gegen eine nationale Regierung, welche die detaillierten Voraussetzungen für vorübergehende Aufhebungen der Schengenfreiheit missachtet, ihr schwerstes Geschütz aufzufahren.