Raumfahrt

US-Marsrover "Perseverance" vor Landung

NASA
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Das bisher größte Landfahrzeug für fremde Himmelskörper soll heute Nacht von einem fliegenden „Kran" in einen Marskrater abgesetzt werden, wo einst ein See gewesen sein dürfte. Der Ort könnte die „heißesten Spuren" von aktuellem oder früherem Leben bergen.

In der Nacht auf Freitag steht eine der größten und womöglich wissenschaftlich folgenreichsten Marsmissionen vor ihrer entscheidenden Etappe: Im Rahmen der Nasa-Mission „Mars 2020" soll der große Mars-Rover „Perseverance" gegen 22 Uhr MEZ auf der Oberfläche des Roten Planeten aufsetzen, und zwar am Grund eines Kraters von 50 Kilometern Durchmesser, der vor Milliarden Jahren nach bisherigen Annahmen ein mit Wasser gefüllter See war.

Perseverance (Durchhaltevermögen, Ausdauer) ist das größte, schwerste und technisch ausgefeilteste Boden-Fahrzeug, das je in den Weltraum befördert wurde. Es hat die Ausmaße eines kleinen SUVs und ist mit einer Masse von etwas mehr als einer Tonne deutlich schwerer als alle sechs bisher zum Mars gebrachten Rover, von denen letztlich vier (allesamt amerikanische) auch funktionierten, vor allem aber weitaus voluminöser.

Der „Himmelskran"

Die Reise von der Erde hatte im Juli begonnen. Der Rover ist beim Abstieg zum Mars in einer Landekapsel, die sich nach der Abbremsung per Fallschirm öffnet und den sogenannten „Sky Crane" (Himmelskran) freisetzt: Ein bizarr geformtes Flugobjekt, das mit Hilfe von Brems- und Steuerdüsen dem Boden entgegensinkt, etwa 20 Meter über Grund einen harten Zwischenstopp macht und den Rover an langen Gurten sanft zum Boden abseilt.

Das muss vor Ort extrem spektakulär aussehen. Man kann das gleich zu Beginn ihrer diesbezüglichen Spezialhomepage sehen:

Ist er dort angekommen und steht richtig, werden die Gurte gekappt, der Sky Crane fliegt davon und schlägt in ein paar Hundert Metern Entfernung auf. Um 22 Uhr oder kurz danach sollte ein Signal vom Mars eintreffen, falls die Landung geglückt ist.

Der erste funktionierende Mars-Rover war 1997 "Sojourner", der nur rund drei Monate lang mit der Erde kommunizierte; er hatte etwa die Größe eines Koffers und kam rund 100 Meter weit. 2004 folgten die Zwillingsrover "Spirit" und "Opportunity". Die Kommunikation zu Spirit ging 2007 in einem Staubsturm verloren, Opportunity erlag 2018 dem gleichen Schicksal.

2012 landete "Curiosity", dessen Team seitdem auch über soziale Netzwerke Wissenschafter und Fans mit Neuigkeiten und Fotos versorgt und den Roboter zum Publikumsliebling werden ließ. Unter anderem schaffte es 2018 zudem der stationäre NASA-Lander "InSight" zum Mars, außerdem kreisen mehrere Sonden um den Roten Planeten.

Chinesen und Araber sind auch dort

Die jetzige Mission findet indes nur rund eine Woche, nachdem kurz hintereinander Raumsonden aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und aus China in die Umlaufbahn des Planeten eingeschwenkt sind, statt. Von der chinesischen Sonde (Tianwen-1) soll in Kürze ebenfalls ein Lander samt Rover auf den Mars fliegen.

Der Ort, an dem Perseverance landet, heißt "Jezero Crater", wobei das Wort Jezero sich auf einen gleichnamigen Ort in Bosnien-Herzegowina bezieht, zugleich in slawischen Sprachen aber auch „See" heißt.

NASA/Caltech

Der rund 2,5 Milliarden Dollar (2,1 Mrd. Euro) teure Rover war rund acht Jahre lang entworfen und gebaut worden. An Bord sind unter anderem sieben wissenschaftliche Instrumente, 23 Kameras, Laser und mehrere Premieren: So trägt der Roboter Mikrofone, um Geräusche zu übertragen, führt eine kleine Flugdrohne mit sich und wird Bodenproben in mehrere Dosen füllen, die in einigen Jahren von einer gemeinsamen robotischen Mission der Nasa und ESA abgeholt und zur Erde gebracht werden sollen.

Österreicher werten Bilder aus

Auch Einrichtungen in anderen Ländern sind an Bau und Betrieb des Rovers bzw. der gesamten Mission beteiligt. Darunter in Österreich: Grazer und Wiener Forschungseinrichtungen haben Software-Komponenten für eine der Kameras des Rovers geliefert und werten deren Bilder nach der Ankunft auf der Erde auf ganz neue Weise dreidimensional aus. Der Geochemiker Christian Köberl (Uni Wien, Naturhistorisches Museum) will anhand der Bilder nach Spuren von Meteoriten-Einschlägen suchen.

Konkret geht es um die "Mastcam-Z" am Rover, die in etwas mehr als zwei Metern Höhe montiert ist. Ihre Zoomfunktion sei so stark, dass selbst eine 100 Meter entfernte "Mars-Fliege" noch erkennen könne, heißt es. An der Verarbeitung der Daten sind Forscher des Grazer Joanneum Research und des Wiener Forschungszentrums für Virtual Reality und Visualisierung (VRVis) in einem vom Klimaschutzministerium über einen Vertrag mit der ESA finanzierten Projekt beteiligt.

Die Kamera selbst wurde zwar hauptsächlich von der Arizona State University entwickelt. Joanneum Research und VRVis wiederum haben den Job, aus deren Bildern 3D-Rekonstruktionen und anschließende Visualisierungen zu machen. Die heimische Software könne „jeden Bildpunkt dreidimensional beschreiben" und kreiere daraus „texturierte Punktwolken sowie Visualisierungen, etwa Videos, die einen Überflug simulieren, und damit die Räumlichkeit der Landschaft um den Rover verdeutlichen“, erklärt Gerhard Paar von der Forschungsgruppe Bildanalyse und Messsysteme bei Joanneum Research, so Paar.

Köberl will mit den superhochauflösendern Bildern und 3-D-Darstellungen in den Kratergesteinen etwa nach typischen Deformierungen suchen, die für Impakte charakteristisch sind, etwa nach „Shatter Cones", Strahlenkegeln, strahlenförmige Muster auf Bruchflächen von Gestein, die man auch von Gestein in Einschlagskratern auf der Erde kennt.

Nasa

Neben all der Technik hat Perseverance auch noch die in drei fingernagelgroßen Chips gespeicherten Namen von knapp elf Millionen Menschen dabei, die nach einem Online-Aufruf ("Send Your Name To Mars") gesammelt worden waren - und sogar eine Gedenkplakette für die Corona-Pandemie.

Letztlich soll Perseverance neben all den üblichen Studien etwa von Atmosphäre und Magnetismus ganz konkret nach Spuren biologischen Lebens, nach biologischen Artefakten oder sonst Folgeerscheinungen früheren Lebens suchen. Dazu soll sich der Boden im Landegebiet bestens eignen, eben weil dort ein See aus Wasser gewesen sein dürfte.

Is there life on Mars? ( © David Bowie)

Perseverance sei aus den gesammelten Erfahrungen und dem Wissensschatz früherer Missionen entstanden, sagt NASA-Manager Thomas Zurbuchen. "Der Rover hat die Möglichkeit, nicht nur unser Wissen über den Roten Planeten zu vergrößern, sondern auch eine der wichtigsten und aufregendsten Fragen der Menschheit über den Ursprung des Lebens auf der Erde und auf anderen Planeten zu untersuchen."

Hier ein 3-D-Modell des Rovers:

(APA/DPA/wg)

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