Leitartikel

Piraten statt Gentlemen: Die Briten riskieren ihren guten Leumund

London
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Die dubiose Trickserei um den Impfstoff von AstraZeneca illustriert, wie feindselig das Verhältnis zwischen Europa und Brexit-Britannien zu werden droht.

Wer kennt es nicht, das hübsche Lied vom „Englishman in New York“ von Sting aus dem Jahr 1987? „Bescheidenheit, Anständigkeit können zu Bekanntheit führen“, singt er, und „Sanftheit, Ernsthaftigkeit sind selten in dieser Gesellschaft“. Sting besang hier den Autor und Bohémien Quentin Crisp, der als einer der ersten offen homosexuell Lebenden im Vereinigten Königreich der 1950er- und 1960er-Jahre Schmähungen, gewalttätigen Übergriffen und strafrechtlicher Verfolgung mit Witz, Höflichkeit und Löwenmut entgegentrat.

Ein aufrechter Mensch, der sich mit Schirm, Charme und Melone der Grobheit der Welt entgegenstellt. So stellen wir Anglophilen uns das Idealbild des Briten vor. Die Fairness, der Gentleman: Das sind ethische Begriffe von globaler Strahlkraft, die von dieser Insel im Nordatlantik aus das Bild der Briten geprägt haben (auch wenn die einstigen Untertanen des Empire, vor allem, wenn sie nicht weißer Hautfarbe waren, oft am eigenen Leib erfahren mussten, dass die britische Lebensrealität für sie ganz anders aussieht).

Doch es hat nicht einmal zwei Monate nach dem Ablaufen der Übergangsfrist für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gedauert, um diesen wertvollen Nimbus gehörig zu beschädigen. Die Rempeleien rund um die Frage, wer in welchen Gewässern wie viel Fisch fangen und Meeresfrüchte ernten darf (einschließlich der medienwirksamen Entsendung von vier Patrouillenbooten der Royal Navy), war nur eine Ouvertüre für die Manier, in der sich Brexit-Britannien in der Frage der Herstellung und Lieferung von Impfstoffen des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca gegenüber der Union verhält.

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