Raumfahrt

NASA-Rover "Perseverance" bilderbuchmäßig auf dem Mars gelandet

Nasa via REUTERS
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Das große Erkundungsgerät setzte im Krater Jezero auf, in dem einst ein See gewesen sein soll. Spuren bzw. Reste von möglichem Leben gelten dort als grundsätzlich wahrscheinlich.

Eine der größten, vielleicht folgenreichsten Marsmissionen hebt nun erst so richtig an: Das Planetenfahrzeug (Rover) Perseverance der Nasa landete nach fast sieben Monaten Flug gestern gegen 22 Uhr MEZ bilderbuchmäßig auf dem Mars, in einem Krater von 49 Kilometern Durchmesser, wo vor drei bis vier Milliarden Jahren wohl ein See war. Eventuell mit (Früh-)Formen von Lebewesen. Wenig später kam das erste Bild von der Oberfläche.

Perseverance (Ausdauer), kurz „Percy" genannt und Teil der Mission Mars 2020, ist das größte und komplexeste Fahrzeug, das bisher auf einen anderen Himmelskörper gebracht wurde. Das sechsrädrige Gefährt hat mit drei Metern Länge und über zwei Metern Höhe die Maße eines kleinen SUVs und ist mit etwas über einer Tonne Masse schwerer als die sechs bisher zum Mars gebrachten Rover, von denen vier (aus den USA) funktionierten – vor allem aber viel voluminöser als fast alle davon: Die ersten zwei Rover (sowjetischer Typ Prop-M, Missionen Mars 2 und Mars 3, 1971/72) waren sogar nur so groß wie Schuhschachteln; sie gingen durch Unfall bzw. Defekt vor dem Einsatz verloren.

In die selbe Größenkategorie fiel zuvor nur der Nasa-Rover „Curiosity", der anno 2012 im Gale-Krater abgesetzt worden ist und grundsätzlich für Percy als Modell diente. Er ist praktisch gleich groß bei etwa 120 Kilogramm weniger Masse, nach wie vor aktiv und schickt immer wieder tolle Bilder zur Erde. 

Nasa

Beim Fall in die dünne Marsatmosphäre war der Rover in einer Kapsel, die sich nach Fallschirm-Bremsung öffnete und den Sky Crane freisetzte: Ein bizarres Flugobjekt, das den Rover trug. Mithilfe von Brems- und Steuerdüsen sank es ab, suchte autonom einen Landeplatz, hielt etwa 20 Meter über Grund kurz an und seilte, noch leicht absinkend, den Rover zum Boden ab. Der kam gut zu stehen, binnen Sekunden wurden die Seile durchtrennt, der Sky Crane flog weg und schlug woanders auf.

Die Sache dürfte etwa so ausgesehen haben:

Krater mit bosnischem Namen

Der Landeort ist im Jezero-Krater, benannt nach einer kleinen Gemeinde in Bosnien, wobei Jezero im Slawischen „See" bedeutet. In den Krater führen Spuren von Flüssen, man sieht ein Mündungsdelta, Sediment-Ablagerungen, und erkannte mithilfe von Mars-Satelliten Tonmineralien, die typischerweise im Konnex mit Wasser entstehen. In Ton werden biologische Strukturen bzw. ihre Reste, etwa von Bakterien, Algen, Einzellern, gut konserviert, man kennt das von irdischen Gewässern.

Die Kosten des 2012 initiierten Abenteuers liegen bei ca. 2,7 Milliarden Dollar. Der Rover wird von einem mit Plutoniumdioxid befeuerten Generator und Akkus betrieben. Er ist beispiellos massiv bepackt mit Instrumenten, 23 Kameras, mit Laser, Grabwerkzeug, einem Radar aus Norwegen zum Durchleuchten des Bodens bis in zehn Meter Tiefe und einigen Premieren: Er hat Mikrofone, um erstmals Geräusche zur Erde zu funken; er führt die spielzeugkleine Flugdrohne Ingenuity mit, deren Rotoren sich mit 2400 Umdrehungen pro Minute sehr viel schneller drehen müssen als auf der Erde, wegen der dünnen CO2-Atmosphäre; und er füllt Bodenproben in Dosen, die er an gewissen Stellen abstellt; in einigen Jahren werden Roboter der Nasa und ESA sie zur Erde holen.

„Österreich-Bild" vom Roten Planeten

Forscher des Grazer Joanneums und des Wiener Zentrums für Virtual Reality und Visualisierung sind bei der Umsetzung der Bilder der besonders wichtigen Kamera Mastcam-Z leitend tätig: Sie bauen mit ihrer Software aus Myriaden Pixeln dreidimensionale Modelle und Filme der Mars-Umgebung. Der Meteoritenforscher Christian Köberl (Uni Wien, legendärer Ex-Chef des Naturhistorischen Museums von 2010 bis 2020) will damit nach Spuren von Meteoriteneinschlägen suchen.

Seit 1960 hatten 49 Missionen der USA, UdSSR/Russlands, Europas, Japans, Indiens, Chinas und der Vereinigten Arabischen Emirate den Mars direkt oder indirekt zum Ziel. Mehr als die Hälfte scheiterten, viele beließen es bei Satelliten. 2021 ist ein ungewöhnliches Jahr, denn im Februar trafen bereits zwei Missionen auf dem Mars ein: der emiratische Satellit al-Amal (Hoffnung) sowie Tianwen-1 aus China, ein ganz besonderes Paket: Eine Sonde ist im Orbit geparkt, ein Basismodul und ein Rover der Chinesen sollen im Mai landen.

Gedränge im All

Das irdische Gedränge beim Mars ist teils Zufall. Generell haben solche Projekte nämlich jahrelange Vorläufe, zugleich gibt es aus Gründen der Himmelsmechanik etwa alle 26 Monate ein gutes Zeitfenster für sehr kurze Flüge zum Mars (sieben bis neun Monate). Mars 2020, Tianwen und al-Amal starteten jeweils im Juli 2020.

Für die Emirate ist ihre Mission hochsymbolisch, es ist ja auch der erste Flug eines arabischen Objekts jenseits der Erdumlaufbahn; allerdings hat man die Sonde in den USA bauen und von einer Rakete in Japan starten lassen. Okay, man steuert sie wenigstens von den Emiraten aus. Und es ist halt ein Versuch der Araber, endlich einmal im Bereich Hightech zu reüssieren.

China wiederum setzt den bekannten Kurs zur Top-Weltallmacht fort. Und hat wie die USA, Russland und Europa langfristige Pläne einer bemannten Marsreise.

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