Kolumne zum Tag

Die Tinte an der Wand ist besser als Polarweiß

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ITALY-CARNIVAL-VENICE-HEALTH-VIRUSAPA/AFP/FRANCOIS-XAVIER MARIT
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Widerstand zu leisten gegen die Stimmung, dass alles noch länger anders bleibt, ist schwierig.

Beim Anblick verkleideter Menschen am Faschingsdienstag fällt mir der Spruch ein, der in der analogen Welt noch für ein Schmunzeln sorgte: Du kannst Markus aus Amstetten herausholen, aber Amstetten nicht aus Markus. (Das Original ist auf Englisch und der Ort heißt Wigan, aber das ändert nichts am Witz.) Wir lassen uns also den Fasching in uns nicht nehmen und spielen Leben. Das ist beruhigend, ebenso wie die Tradition, unkontrolliert Krapfen zu essen, auch wenn der Rekord des Kollegen (acht Stück, an einem Tag) weiterhin unangetastet bleibt. Er ist Kärntner.

Nun ist aber Fastenzeit, auch wenn eine Blitzumfrage ergeben hat, dass wenige motiviert sind, auf etwas zu verzichten, da sie ohnehin auf recht viel verzichten müssen. Man könnte argumentieren, dass das eine freiwillig ist und das andere nicht um Zustimmung gebeten hat, aber es ändert wenig an der Motivation. Wer dennoch fastet (in welchem Sinn auch immer), ist ähnlich widerstandsfähig wie jener, der sich am Faschingsdienstag ins Kätzchenkostüm geworfen hat.

Widerstand zu leisten gegen die Stimmung, dass alles noch länger anders bleibt, ist schwierig genug. Selbst die Namen der WLAN-Netze, die einem im öffentlichen Raum ungefragt auf dem Handy angeboten werden, sind desillusionierend. „Widerstand ist zwecklos“ hat jemand, der in der Nähe des Schottentors wohnt, sein Internet getauft, das wird mir gleich nach dem „Altkatholikennetz“ vorgeschlagen. Man kann die Wiener Seele auch von Netz zu Netz entdecken.

Am schönsten war die Fahrt durch Wien, als frischer Schnee lag und der Blick aus dem Fenster einen an Schwarz-Weiß-Filme denken ließ. Nun ist das Braun wieder da und viel schmutziges Weiß. Apropos weiß, wie viele Schattierungen es da gibt, bemerkt man, wenn man eine weiße Wand ausbessern will und „Polarweiß“ über „Kristallweiß“ pinselt. Das sieht schlimmer aus als die Tintenspritzer zuvor. Manche Fehler fallen letztendlich weniger auf als die Versuche, sie zu verbessern.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

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