Gastkommentar

Europas missliches Moskau-Abenteuer

Peter Kufner
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Europa braucht dringend eine in sich schlüssige Russlandpolitik. Das zeigt auch der unglücklich verlaufene Moskaubesuch von Josep Borrell.

Wenn die Außenminister der Europäischen Union am 22. Februar zusammenkommen, werden sie sich mit den politischen Folgen des unglücklich verlaufenen Moskaubesuchs von Josep Borrell, dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, auseinandersetzen müssen. Es ist zu hoffen, dass diese Nachbetrachtung dringend erforderliche Fortschritte hin zu einer in sich schlüssigen europäischen Russlandpolitik auslöst.

Das Timing von Borrells Besuch in Moskau – dem ersten eines EU-Vertreters seit 2017 – war, gelinde gesagt, seltsam gewählt. In den Wochen vor Borrells Ankunft war der russische Oppositionsführer Alexei Nawalny aus Deutschland, wo er sich seit August von einem höchstwahrscheinlich vom Kreml befohlenen Giftanschlag erholt hatte, nach Russland zurückgekehrt. Nawalny schaffte es noch nicht einmal aus dem Flughafen, bevor er verhaftet wurde.

Nach einem hastigen und possenhaften Gerichtsverfahren wurde Nawalny zu fast drei Jahren in einer Strafkolonie verurteilt. Dies löste eine Protestwelle aus, und eine Welle der Repression durch den Kreml. Die Polizei verhaftete tausende von Demonstranten, häufig unter Einsatz überzogener Gewalt.

Die Autorin: Ana Palacio war spanische Außenministerin sowie Senior Vice President und General Counsel der Weltbank-Gruppe. Sie ist derzeit Gastdozentin an den Georgetown University.

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Borrell reiste trotzdem nach Moskau. Aus seiner Sicht sollte der Besuch durch „Beiseitelassen negativer Rhetorik“ ein „guter Ausgangspunkt für einen freimütigen Dialog zwischen der EU und Russland“ werden. Die Logik ist nicht völlig falsch. Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gefolge der Reise anerkannt hat, hat die EU eine „diplomatische Pflicht“, die Kommunikationskanäle nach Russland offenzuhalten.

Doch wenn das Bemühen um einen Neustart mit dem Kreml nicht aus einer Position der Stärke heraus erfolgt, fordert das ein Desaster geradezu heraus. Borrell hat dies bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Moskau, auf der der russische Außenminister Sergei Lawrow die EU als „unzuverlässigen Partner“ bezeichnete und ihre Führung beschuldigte, Lügen über Nawalnys Vergiftung zu verbreiten, auf die harte Tour gelernt.

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