Coronakrise

Migration in EU geht stark zurück

FILE PHOTO: Migrants on Serbia, Hungary, Romania border prepare to cross into EU
FILE PHOTO: Migrants on Serbia, Hungary, Romania border prepare to cross into EUREUTERS
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Wegen der Krise kommen deutlich weniger Flüchtlinge in die EU. Die Zahl der Asylanträge sank im Vergleich zu 2019 um 31 Prozent.

Wien/Brüssel. Auf den ersten Blick stellen die Bilder völlig überfüllter Flüchtlingslager auf griechischen Inseln in der Ostägäis und die nun veröffentlichten Zahlen der EU-Asylagentur Easo einen Widerspruch dar. Tatsächlich aber sind sowohl irreguläre Grenzübertritte als auch Asylanträge in der EU plus Norwegen und der Schweiz im vergangenen Jahr – bedingt durch die Coronakrise – deutlich zurückgegangen. 461.300 Asylsuchende stellten im Jahr 2020 einen Antrag – das sind um 31 Prozent weniger als im Jahr davor (671.200 Anträge) und entspricht dem niedrigsten Wert seit 2013, also vor der großen Flüchtlingskrise 2015. Als Hauptgrund für den Rückgang nennt Easo die im Rahmen der Covid-19-Pandemie eingeführten Reisebeschränkungen in der EU.

Am häufigsten stellten Syrer einen Antrag, gefolgt von Afghanen, Venezolanern, Kolumbianern und Irakern. Die Anerkennungsquote blieb mit 32 Prozent relativ stabil, wobei Syrer zu 84 Prozent mit einem positiven Bescheid rechnen durften, Venezolaner dagegen nur zu drei Prozent.

Ein Sechs-Jahres-Tief gab es auch bei den irregulären Grenzübertritten, von denen 2020 „lediglich“ 114.300 gezählt wurden. Während die Zahlen in Spanien und Malta anstiegen, war besonders die östliche Mittelmeerroute von dem Rückgang betroffen. Insgesamt erreichten 74 Prozent weniger Menschen Griechenland als noch 2019. Die Situation in den Insellagern ist trotz Entlastung im Laufe des vergangenen Jahres aber nach wie vor angespannt. Heute befinden sich laut Angaben der griechischen Koordinationsbehörde für Asyl etwa 17.000 Migranten auf den Inseln, im Jänner 2020 waren es noch um die 42.000.

Athen bittet Brüssel um Hilfe

Ein Großteil der Flüchtlinge mit positivem Asylbescheid (allein von Jänner bis September 2020 handelt es sich laut Hilfsorganisationen um 27.000 stattgegebene Anträge) bleibt in Griechenland hängen, weil es an der europaweiten Verteilung Schutzsuchender hapert.

Menschen mit einem negativen Bescheid können laut dem Flüchtlingsdeal aus dem Jahr 2016 in die Türkei zurückgeschickt werden – allerdings weigert sich Ankara wegen der Coronapandemie derzeit, das Abkommen umzusetzen. Athen fordert bei der Rückführung deshalb zusätzliche Unterstützung aus Brüssel.

Doch der Rückgang der Ankömmlinge in Griechenland könnte noch einem anderen Umstand geschuldet sein: Seit Monaten wird der griechischen Küstenwache vorgeworfen, in der Ägäis illegale Pushbacks durchzuführen. Die deutsche NGO Mare Liberum veröffentlichte zuletzt einen Bericht, wonach zwischen März und Dezember des Vorjahres knapp 10.000 Menschen auf hoher See in die Türkei zurückgedrängt worden sein sollen. Auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die die Einsätze im Mittelmeer begleitet, steht im Kreuzfeuer der Kritik. Die liberal-konservative griechische Regierung weist die Vorwürfe zurück: „Wir machen keine Pushbacks. Wir blockieren nur die Grenze für Boote, die in die EU eindringen wollen“, so Vize-Außenminister Miltiadis Varvitsiotis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2021)

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