Bildung

Prüfungsantritt für künftige Prüfer

Auch wenn formale Erfordernisse reduziert wurden, ist die Prüfung zum Wirtschaftsprüfer nicht einfacher geworden.
Auch wenn formale Erfordernisse reduziert wurden, ist die Prüfung zum Wirtschaftsprüfer nicht einfacher geworden.Getty Images/iStockphoto
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Berufsbezogene Weiterbildung. Um Wirtschaftsprüfer zu werden, gilt es in Österreich eine anspruchsvolle Fachprüfung abzulegen. Nur wenige Aus- und Weiterbildungen bereiten darauf vor.

Bilanzskandale wie um den Finanzdienstleister Wirecard oder um die burgenländische Commerzialbank haben in jüngster Vergangenheit nicht nur die genannten Institutionen in den Abgrund gerissen, sondern auch jene Wirtschaftsprüfer infrage gestellt, die die manipulierten Bilanzen testiert hatten.

Wirtschaftsprüfung ist zweifellos ein hochkomplexes Aufgabenfeld geworden, das sich durch die Digitalisierung zudem rasant verändert. Dementsprechend selektiv ist der Berufszugang. Vorausgesetzt werden ein einschlägiges Hochschulstudium, Praxisjahre als Anwärter bei einem Wirtschaftsprüfer und schließlich die Ablegung einer Fachprüfung.

Neu, aber nicht leichter

Seit der Neuregelung der Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer im Jahr 2017 entfällt zwar das Erfordernis, zuvor oder gleichzeitig auch die Steuerberater-Fachprüfung ablegen zu müssen. Von einer Vereinfachung oder einer Verkürzung der Ausbildungszeit könne dennoch keine Rede sein, sagt Herbert Houf, Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. „Es wurde nur die Möglichkeit geschaffen, Prüfungen früher abzulegen, wodurch die Berufsbefugnis mitunter schneller erlangt werden kann.“ Auch die Inhalte der Wirtschaftsprüfer-Prüfung hätten sich nicht reduziert. „Rund zwei Drittel der Inhalte sind ident zu vorher und auch ident mit jenen der Ausbildung zum Steuerberater.“

Im Bereich der Wirtschaftsprüfung habe man das Abgabenrecht auf prüfungsrelevante Aspekte reduziert, dafür aber Fragestellungen zur Abschlussprüfung vertieft. „Insgesamt ist daher die Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer unverändert anspruchsvoll und auf höchstem, fachlichem Niveau. Sie geht in manchen Bereichen sogar über jenes Maß hinaus, das seitens der EU-rechtlichen Vorgaben gefordert ist“, sagt Houf.

Option auf Mastergrad

Es gibt wenige Aus- und Weiterbildungen, die gezielt auf das konkrete Berufsfeld der Wirtschaftsprüfung vorbereiten. Ab März startet erstmals an der WU Executive Academy die berufsbegleitende Weiterbildung „Professional Master Accounting, Auditing und Taxation“. Das Programm bereitet auf die Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer vor, bietet gleichzeitig zudem den Teilnehmern die Möglichkeit, einen akademischen Abschluss zu erwerben. „In Österreich gibt es aktuell nichts Vergleichbares, diese Kombinationsmöglichkeit ist in der Tat einzigartig“, sagt Gerhard Stangl, Leiter der Akademie der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die gemeinsam mit der WU das viersemestrige Studium entwickelte. Das deutschsprachige Programm richtet sich an Berufsanwärter in Wirtschaftsprüfungskanzleien, die bereits fundierte Grundkenntnisse in Buchhaltung, in der Bilanzierung und Erstellung von Jahresabschlüssen nach dem österreichischen Unternehmensrecht, in der Konzernrechnungslegung und in der Bilanzierung nach den Internationalen Financial Reporting Standards mitbringen. Laut dem wissenschaftlichen Leiter Klaus Hirschler, Professor am Institut für Revisions-, Treuhand- und Rechnungswesen der WU, wird man methodisch auf moderne E-Learning-Elemente wie Lernvideos, Podcasts, Webinare und interaktive Gruppenarbeiten setzen. Thematisch werde man in den vier Modulblöcken „genau jene Bereiche aufgreifen, die in der Praxis am wichtigsten sind, und dabei einen Bogen von Betriebswirtschaftslehre über Rechnungslegung bis hin zur Rechtslehre spannen“.

Spezialisierung im Bachelor

Eine der wenigen Möglichkeiten, sich an Fachhochschulen explizit für den Bereich Wirtschaftsprüfung zu qualifizieren, besteht im Rahmen des Bachelorstudiums Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen der FHWien der WKW. Dort werden im dritten Jahr vier Spezialisierungen angeboten, aus denen zwei zu absolvieren sind, unter anderem auch Wirtschaftsprüfung. „Es ist tatsächlich so, dass die meisten Studierenden des Programms die beiden Spezialisierungen Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung wählen“, sagt Thomas Kaufmann-Lerchl, Leiter der Studienprogramme für Finanzmanagement. Insgesamt biete die Ausbildung eine gute Grundlage für die Fachprüfung.

Steuer-Know-how integriert

Die Regelung, dass Wirtschaftsprüfer-Anwärter nunmehr keine eigene Steuerberater-Fachprüfung ablegen müssen, ist auch aus Kaufmann-Lerchls Sicht zu begrüßen, zumal auch für die Wirtschaftsprüfer-Prüfung steuerrelevante Kenntnisse notwendig seien. Im Bachelor-Studium der FHWien jedenfalls müssten alle Studierenden noch vor der Spezialisierung zumindest zwei Module mit je vier Semesterwochenstunden in Steuerlehre wie Bilanzierung absolvieren, was eine profunde Basisausbildung in diesen Bereichen garantiere.

Viel Wert werde auch darauf gelegt, Studierende auf die Praxis vorzubereiten. „Bereits im dritten Semester ist ein Praxisprojekt im Curriculum verankert, in dem die Studierenden in einem der vier Kernfächer des Studiums – Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre, Controlling oder Finance – eine Fragestellung aus einem Unternehmen gemeinsam mit einem Lektor erarbeiten. Auch sind die meisten Lektoren, die im Bereich Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung unterrichten, Praktiker mit zumeist langjähriger Erfahrung, die das Themengebiet sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus operativer Sicht sehr gut kennen.“

Auf einen Blick

Um als Wirtschaftsprüfer arbeiten zu können, muss man eine eigene Prüfung ablegen. Die Prüfung zum Steuerberater ist nicht mehr notwendig. Dezidierte Ausbildungen auf akademischem Niveau sind rar. Die WU Executive Academy bietet in Kooperation mit der Akademie der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (ASW) einen einschlägigen Masterlehrgang an. Im Bachelorstudium Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen der FHWien gibt es eine entsprechende Spezialisierung.



Web:www.executiveacademy.at,

www.fh-wien.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2021)

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