LITERATUR

Hunde vor bröckelnden Fassaden

Gerhard Roth als Fotograf: Seine Venedig-Bilder stechen aus der Flut der Bildbände nicht hervor.

Gerhard Roth liebt es bekanntlich, seine Romane in Zyklen anzulegen. Seine jüngsten Romane sind durch den Ort der Handlung, durch Venedig, miteinander verknüpft. Bekannt ist auch, dass dieser Autor seine schriftstellerische Arbeit seit je durch Fotografieren begleitet hat. Das Ergebnis mag mancherlei Funktion haben. Dem Schreibenden können die Fotos als Gedächtnisstütze dienen, als Inspiration, die einen Wirklichkeitseindruck verlängert und transformiert, als Verführung zum mikroskopischen Blick, der in Roths Prosa oft nicht nur den Stil bestimmt, sondern sogar thematisiert wird. Für den Leser mögen die Fotos Illustrationen, visuelle Ergänzungen zum Wort sein oder auch einfach Kunstwerke „in their own right“, Fotos eben.

Jetzt ist ein prächtiger Band erschienen mit dem schlichten Titel „Venedig“ und demetwas großsprecherischen Untertitel „Ein Spiegelbild der Menschheit“ (ließe sich der nicht auch auf Peking, Paris oder New York anwenden?). Ein Plan mit Markierungen auf dem Vorsatzblatt trägt die Aufschrift „Gerhard Roths Wegpunkte in Venedig und der Lagune“. Das rechtfertigt die Erwartung einer Bindung von Roths Fotos an einschlägige Romane. Sagen wir es unverblümt: Die Erwartung wird nicht eingelöst. Zahlreiche Motive gehören zum Kanon der Venedig-Ikonografie, eine spezifische Roth'sche Perspektive ist nur selten auszumachen.

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