People of Color: eine Tatsache oder ein Konstrukt? Die deutsche Publizistin Mithu M. Sanyal.
Literatur

„Identitti“: Alle Weißen raus!

Die „farbige“ Starprofessorin des Postkolonialismus entpuppt sich als Fake: Im Roman „Identitti“ entblößt Mithu M. Sanyal die Widersprüche und skurrilen Seiten des identitätspolitischen Getriebes.

„Alle Weißen raus.“ So beginnt ein Seminar von Saraswati, Starprofessorin für Intercultural Studies und Postcolonial Theory in Düsseldorf. Und was machen daraufhin die „weißen“ Studenten? Es braucht keine Ahnenpasskontrolle, sie gehen ganz von selbst. Was aber tun die übrigen Studierenden, die sich mit „Students of Color“ gemeint fühlen? Sie schwärmen. „Saraswati ist Pop“, heißt es im Roman „Identitti“. Ein Kult herrscht um ihre Bücher wie „Decolonize your soul“ und „PopPostKolonialismus“.

In den Hype stimmt auch Nivedita ein. Die in Deutschland aufgewachsene Tochter einer Polin und eines Inders gehört zum innersten Kreis der Saraswati-Jüngerinnen. Aus ihrer Sicht erzählt die 1971 geborene deutsche Kulturwissenschaftlerin und Publizistin Mithu Sanyal ihren leichtfüßigen Debütroman über ein gar nicht leichtes Thema: die inneren Widersprüche postkolonialistischer Identitätspolitik.

Auslöser der Ereignisse, die Niveditas innere Welt durcheinander- und den Roman in Bewegung bringen, ist eine Enthüllung durch Saraswatis Bruder: Saraswati ist „weiß“. Eigentlich heißt sie Sarah Vera Thielmann und stammt aus einem deutschen Haushalt mit Klavier und Couch. Ihre Hautfarbe hat sie verdunkeln lassen. Nun geht der Shitstorm gegen sie los, wesentlich von jenen genährt, die sie eben noch abgöttisch verehrten. Und es sind deren Reaktionen der Enttäuschung, Wut, Gehässigkeit, die Mithu Sanyal auch besonders interessieren.

Die „Fake-Schwarze“ Rachel Dolezal

„Identitti“ ist eine unterhaltsame Selbstkritik aus dem Inneren der identitätspolitischen Communitys, wenn auch etwas redundant befüllt mit Plaudereien sowie fiktiven Twitter-, Instagram- und Facebook-Diskussionen. Die Postings stammen teils von bekannten Journalisten und Aktivisten, die Sanyal um fiktive Kommentare bat. Mit grundsätzlicher Sympathie für die Bewegung zeigt Sanyal, wie sie in die Irre geht, indem sie erst recht wieder „Identitäten“ zementiert und gegeneinander aufmarschieren lässt.

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