Immunbotenstoffe

Wie Gehirn und Immunsystem kommunizieren

Das Immunsystem kann beim Erkunden furchtsam und vorsichtig machen, das schützt vor Pathogenen.
Das Immunsystem kann beim Erkunden furchtsam und vorsichtig machen, das schützt vor Pathogenen.Berthold Steinhilber / laif / picturedesk
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Was im Kopf vor sich geht, wird von der Körperabwehr beeinflusst. Sie kann dem Gedächtnis helfen, aber auch furchtsam machen.

Das Gehirn und das Immunsystem sind nicht nur die komplexesten Bestandteile des Körpers, beide haben auch etwas Besonderes, ein Gedächtnis. Für das sorgt im Immunsystem der adaptive Ast, er besteht etwa aus T-Zellen, die unspezialisiert sind („naiv“) und sich nach ihrer ersten Begegnung mit etwas Körperfremdem wie einem Bakterium dessen Biosignaturen merken und sich für spätere Begegnungen bereit halten. Das Gehirn erinnert ganz anders – durch Verstärkung der Verbindungen zwischen Zellen, verstanden ist es immer noch wenig –, und das Gehirn ist auch sonst in vielem anders als der restliche Körper, es ist von ihm abgeschottet und „immuntolerant“, hat ein schwächeres Immunsystem – mit anderen Abwehrzellen: Mikroglia –, und es kann sich das leisten, weil schwer etwas in das Gehirn eindringt, dafür sorgt die Blut-Hirn-Schranke. Ist also die angezogene Parallele der beiden Gedächtnisse etwas ganz Äußerliches?

Nein, das Gehirn und das Immunsystem kommunizieren miteinander, man beachtete es nur lang nicht, weil beide kompliziert genug sind. Dann zeigten sich zunächst Einflüsse des Gehirns auf das Immunsystem: Bei längerem Stress dämpft es mit seinen Stresshormonen – Glukokortikoiden – die Aktivität des Immunsystems, das scheint widersinnig, aber das Gehirn braucht bei Stress möglichst viel Energie für sich. So kann sich etwa eine einfache Erkältung im Körper ausbreiten, und die Abwehr muss sich gedulden, bis etwa eine wichtige Prüfung vorbei ist, dann kommt das Fieber, gern auch zu Urlaubsbeginn, viele haben diese Erfahrung gemacht.

Dass es auch anders herum geht, zeigte sich ausgerechnet am Gedächtnis. Das bemerkte als einer der Ersten Jonathan Kipnis (Washington University St. Louis) an Mäusen, deren T-Zellen er gentechnisch ausgeschaltet hatte: Wenn diese Tiere in wassergefüllte Becken gesetzt wurden, in denen es irgendwo knapp unter der Oberfläche eine versteckte Plattform gab, dann fanden sie die nach einigem Herumschwimmen und stellten sich darauf, wie andere Mäuse auch. Aber beim nächsten Mal mussten sie wieder suchen, anders als Mäuse mit T-Zellen, die erinnerten sich. Das lag an einem Botenstoff dieser Zellen – Interleukin-4, IL-4 –, er hielt das Gedächtnis wach (Pnas 101, S. 8180).

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