Interview

Cybermobbing-Expertin: „Die emotionale Distanz zu den Opfern ist stärker geworden“

Die Gruppe der 14- bis 16-Jährigen ist generell am stärksten von Mobbing betroffen.
Die Gruppe der 14- bis 16-Jährigen ist generell am stärksten von Mobbing betroffen. Getty Images/MITO images
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Die deutsche Sozialpsychologin, Soziologin und Cybermobbing-Expertin Catarina Katzer über die Gefahr des virtuellen Mobbings und die gesellschaftliche Verantwortung.

Sind Mädchen und junge Frauen von Cybermobbing stärker betroffen? Und wenn ja, warum ist das so?

Catarina Katzer: Da hat sich in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen. Als wir die ersten Studien vor zehn, 15 Jahren gemacht haben, waren eher Jungs in Mobbing und Cybermobbing involviert. In den letzten Jahren hat sich aber gezeigt, dass Mädchen deutlich häufiger Opfer und auch Täterinnen werden. Das hat damit zu tun, dass sie stark in sozialen Netzwerke,n in diesen Selbstdarstellungsplattformen involviert sind. Mädchen sind deutlich abhängiger als Jungs von der Kommunikation in diesen Netzwerken. Was andere über sie denken, ist extrem wichtig für ihr Selbstwertgefühl, gerade in der Pubertät, wenn sie ihr Ich entwickeln und ihre Sexualität.

Zeigt sich das auch bei den jungen Influencerinnen?

Ja, das sind meist Mädchen, die schon ein bisschen älter sind. Sie stehen extrem in der Öffentlichkeit und sind sehr sensibel in Bezug auf die Reaktionen der anderen. Wenn die Bewertungen gut sind, fühlen sie sich sehr schnell sehr gut, aber kommen negative Zuschriften, sind die extrem gefährlich, weil sie das so ernst nehmen.

Was betrifft noch speziell Mädchen?

Sie sind im Bereich des relationalen Cybermobbings stark involviert, also wenn sie aus einer Gruppe ausgeschlossen werden. Mädchen werden häufig verleumdet, es werden Lügen verbreitet, sie werden als Schlampe dargestellt, auch gefakte Fotos spielen eine Rolle oder Fotos aus dem intimen, privaten Bereich, die dann veröffentlicht werden. Das ist alles über soziale Medien schnell machbar und hat eine extrem schädliche Wirkung, weil wir auch eine vollkommen neue Opfersituation haben. Der Öffentlichkeitsgrad ist so hoch, sie können sich nicht verstecken, es kann nicht gelöscht werden. Es ist eine Art Endlosstigmatisierung, weil bestimmte Dinge immer wieder auftauchen können. Mit dem Smartphone trägt man den Täter, die Täterin ständig bei sich. Das sind Dinge, die die psychologische Dramatik für die Opfer so groß machen. Die Suizidgedanken sind deutlich gestiegen in den letzten Jahren, in Deutschland ist es ein Viertel der Opfer, das solche Gedanken hegt.

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