Fall Nawalny

Österreich unterstützt neue EU-Sanktionen gegen Russland

Alexej Nawalny wurde am Wochenende gleich zweimal verurteilt.
Alexej Nawalny wurde am Wochenende gleich zweimal verurteilt.APA/AFP/Moscow's Babushkinsky di
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EU-Außenminister beraten Reaktion auf die politisch motivierte Verurteilung des Putin-Kritikers.

Wien. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) rechnet wegen des Falls Nawalny mit dem Beschluss neuer EU-Sanktionen gegen Russland. Beim Treffen der EU-Außenminister am Montag soll über gezielte Maßnahmen wie Einreiseverbote und Vermögenssperren gegen Einzelpersonen diskutiert werden. „Ich erwarte mir dafür eine breite Mehrheit an Unterstützung“, sagte Schallenberg der deutschen Zeitung „Die Welt am Sonntag“.

Österreich unterstütze neue Sanktionen gegen Russland, sagte Schallenberg, forderte aber, dass die Listungen „politisch smart und rechtlich wasserdicht sein“ müssten. „Sonst sägen wir damit am eigenen Ast.“ Erneut plädierte der Außenminister dafür, den Dialogkanal zu Russland offen zu halten: „Wir brauchen eine zweigleisige Politik: Kante, wo nötig – Dialog, wo möglich.“

Die EU-Außenminister dürften am Montag den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) auffordern, eine Liste mit Personen und Organisationen vorzulegen, die in den kommenden Wochen mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegt werden. Russland hatte gewarnt, dass dies zu einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen führen würde. Wegen eines Giftanschlags auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny im August hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Kremlchef Wladimir Putin verhängt.

Zweieinhalb Jahre in Haft

Der russische Regierungskritiker war am Samstag gleich zweimal verurteilt worden. Er scheiterte zum einen mit seinem Berufungsverfahren gegen eine mehrjährige Haftstrafe. Ein Gericht in Moskau verringerte die Freiheitsstrafe von ursprünglich dreieinhalb Jahren lediglich um sechs Wochen. Wegen der Anrechnung eines bereits früher verbüßten Hausarrests müsse Nawalny nun zweieinhalb Jahre hinter Gittern verbringen, sagte sein Anwalt nach der Gerichtsentscheidung. Zum anderen wurde Nawalny in einem Diffamierungsprozess zu einer Geldstrafe von 850.000 Rubel (knapp 9500 Euro) verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Nawalny einen Weltkriegsveteranen verleumdet hatte. Der Kreml-Kritiker hatte den Mann als Verräter und korrupten Lakaien bezeichnet. Der ehemalige Rotarmist hatte im vergangenen Jahr für Verfassungsreformen geworben, die es Präsident Wladimir Putin ermöglichen, nach 2024 für zwei weitere Amtszeiten zu kandidieren.

Eine Staatsanwältin für zwei Verfahren

Die Verhandlung fand im selben Gerichtsgebäude statt wie das Berufungsverfahren am Vormittag. Sogar die Staatsanwältin sei dieselbe, schrieb Nawalnys Team auf Twitter. Nawalny hatte die Diffamierungsvorwürfe als politisch motiviert zurückgewiesen. Eine Entschuldigung bei dem Veteranen lehnte er ab. Seine Äußerungen hätten sich nicht direkt gegen den Mann gerichtet.

Der Regimekritiker hatte im vergangenen Jahr in Russland einen Giftanschlag überlebt und war in Deutschland ärztlich behandelt worden. Bei seiner Rückkehr in seine Heimat im Jänner wurde er verhaftet, weil er während seiner Abwesenheit gegen Bewährungsauflagen aus einer früheren Verurteilung wegen Untreue verstoßen haben soll. Ein Gericht wandelte die frühere Bewährungsstrafe in eine Haftstrafe um. Die Verurteilung wurde international scharf kritisiert und wird auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als ungerechtfertigt angesehen.

Die EU-Sanktionen als Antwort auf die zweifelhaften Urteile dürften die Spannungen weiter verschärfen. Außenminister Sergej Lawrow hatte erst vergangene Woche der Europäischen Union die Schuld an der „Zerstörung“ der Beziehungen gegeben. Der Prozess laufe schon seit Langem, behauptete Lawrow bei einem Treffen mit seinem finnischen Kollegen, Pekka Haavisto, am vergangenen Montag in St. Petersburg. „Die EU zerreißt kontinuierlich die Beziehungen.“ Lawrow erneuerte zudem seine umstrittenen Äußerungen, wonach Russland auf einen möglichen Abbruch der Beziehungen mit der EU vorbereitet sei. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2021)

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