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Autobauer sorgen sich um Chips

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Am Höhepunkt der Coronakrise hat die Autobranche Chipbestellungen storniert. Jetzt wandern Kapazitäten an die Unterhaltungselektronik ab.

Berlin. In der weltweiten Chipkrise finden sich die Einkäufer der großen Autobauer in einer ungewohnten Situation wieder. Sie gelten bei vielen Halbleiterherstellern nicht mehr als die wichtigsten Kunden, sondern sind in der Hackordnung nach hinten gerutscht. Ihnen bleibt eine schwierige Wahl: Zahlen sie keine höheren Preise und füllen sie ihre Lagerbestände nicht stärker auf, riskieren sie weitere Produktionsausfälle.

Die Chipknappheit in der Autobranche hat ihren Ursprung im März 2020: Auf dem Höhepunkt der Coronakrise standen weltweit Werke still, Verkaufshäuser waren geschlossen, der Absatz brach ein. Viele Autobauer stornierten deshalb Bestellungen bei ihren Zulieferern. Der Chipmarkt wurde in dieser Zeit aber sowieso von Herstellern von Smartphones und Unterhaltungselektronik leergekauft, deren Produkte boomten.

Diese Erfahrung wirkt nach: Für die Chipfabriken ist das Geschäft mit Elektronikkonzernen lukrativ, denn diese nehmen modernere, teurere Bauteile ab als Autohersteller. Die müssen sich nun, nachdem sie ihre Produktion wieder hochgefahren haben und sich die Nachfrage erholt hat, hinten anstellen. Mehrere große Autobauer mussten ihre Bänder zeitweise stilllegen, weil sie nicht genügend Teile für die Neuwagen hatten. Allein bei Renault betrifft das wohl die Produktion von 100.000 Autos in diesem Jahr.

Hilferuf an die Politik

Autobauer rufen in dem Konflikt die Politik zu Hilfe. So sprach sich Audi-Chef Markus Duesmann für eine stärkere Förderung der Halbleiterindustrie und anderer Schlüsseltechnologien in Europa aus. Bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier rennt er damit offene Türen ein: Der CDU-Politiker rechnet mit Investitionen von 50 Mrd. Euro und kündigte an, der Staat werde in etwa 20 bis 40 Prozent des Investitionsvolumens tragen. Volkswagen machte die Zulieferer für die Verwerfungen verantwortlich – schließlich habe der Hersteller die Chipfirmen bereits im April darauf hingewiesen, dass im zweiten Halbjahr eine starke Erholung bevorstehe.

Doch mit diesem Einwand stößt der Autoriese bei den Chipherstellern auf wenig Verständnis: „Vergangenes Jahr mussten wir unsere Belegschaft in Zwangsurlaub schicken und die Kosten für die Überkapazitäten tragen“, sagt ein Insider eines europäischen Halbleiterherstellers, der nicht genannt werden wollte. „Wenn uns nun die Autohersteller auffordern, in neue Kapazitäten zu investieren, können sie uns dann bitte auch sagen, wer für diese Überkapazitäten beim nächsten Abschwung zahlt?“

In jedem E-Auto stecken Halbleiter im Wert von mehreren Hundert Euro. Insgesamt kauft die Autobranche zwar Chips für etwa 40 Mrd. Dollar pro Jahr – das ist jedoch nur ein Zehntel des weltweiten Marktes. Allein Apple gebe mehr für die Chips in seinen iPhones aus, so Neil Campling, Analyst beim Vermögensverwalter Mirabaud. Dazu kommt, dass die Halbleiter, die in die Autos kommen, vergleichsweise einfach gebaut sind und nur niedrige Margen abwerfen. Chiphersteller investieren daher lieber in ausgefeiltere und teurere Produkte. (Reuters)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2021)

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