Die jährliche Rückkehr des Influenzavirus ist offensichtlich kein Naturgesetz – eine beachtliche Begleiterscheinung der Coronakrise, aus der sich nützliche Lehren ziehen lassen.
Es ist offiziell, erstmals seit Jahrzehnten wird es in Europa keine Grippesaison geben. Zwar wurde das Influenzavirus in den vergangenen Wochen vereinzelt nachgewiesen, aber für eine, wie es in der Medizin heißt, epidemische Aktivität reicht die Ausbreitung nicht aus. Dabei müsste sich die nördliche Halbkugel derzeit eigentlich auf dem Höhepunkt der Grippewelle befinden, die in einer Stadt von der Größenordnung Wiens dann als solche definiert wird, wenn sich innerhalb einer Woche mehr als 10.000 Menschen infizieren. Erfolgt zwei Mal hintereinander ein Rückgang, gilt sie als überwunden. Üblicherweise ist das im Laufe des März der Fall. Das Ausbleiben der Grippesaison ist selbstverständlich auf die umfassenden Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie zurückzuführen – und lässt mindestens drei wichtige Rückschlüsse zu.
Welle leicht abzuflachen
Seit Jahrzehnten stecken sich in den Wintermonaten allein in Österreich hunderttausende Menschen mit dem Influenzavirus an, Tausende sterben an den Folgen der Erkrankung. In der Saison 2016/17 etwa wurden rund 4400 Grippetote registriert, 2017/2018 waren es 2900 und ein Jahr später 1400. Im vergangenen Winter starben mit 834 Menschen deutlich weniger als sonst, weil der Mitte März angeordnete erste Lockdown die Grippewelle schlagartig beendete.