Internationales Recht

Staatsfolter in Syrien: Deutsches Gericht spricht erste Haftstrafe aus

Eyad A. wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Es ist der weltweit erste Strafprozess wegen Staatsfolter in Syrien - und er findet in Koblenz statt:

Im weltweit ersten Strafprozess wegen Staatsfolter in Syrien hat ein Gericht in Deutschland am Mittwoch einen der beiden Angeklagten zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Syrer Eyad A. hatte sich nach Überzeugung der Richter der Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht. Der nach Deutschland geflohene und dort festgenommene 44-Jährige war Agent des staatlichen Allgemeinen Geheimdienstes von Machthaber Bashar al-Assad in Syrien.

Gegen den Hauptangeklagten Anwar R. wird voraussichtlich bis zum Herbst weiter verhandelt. Das Verfahren gegen beide Angeklagte wurde in der vergangenen Woche aufgespalten.

„Man muss die Leute zwingen, dass sie mehr ertragen“ 

A. soll Mitarbeiter einer Unterabteilung gewesen sein und den Transport von 30 festgenommenen Demonstranten begleitet haben, die bereits auf der Fahrt zum Al-Kathib-Gefängnis geschlagen worden sein sollen. Nach Überzeugung der Anklage wusste A. bei der Festnahme der Menschen von der systematischen Folter in dem Gefängnis.

Die vorsitzende Richterin, Anne Kerber, verwies in der Urteilsbegründung auf die bereits 1996 begonnene langjährige Tätigkeit von A. für den syrischen Geheimdienst, wo er als Ausbilder die körperliche Ertüchtigung überwacht habe. Seine Selbstbeschreibung sei gewesen: "Man muss die Leute zwingen, dass sie mehr ertragen."

Ab 2004 habe er eine Fortbildung in Terrorismusbekämpfung gemacht, habe gelernt, Hinterhalte zu bekämpfen oder sie selbst zu errichten oder Festnahmen vorzunehmen. In Damaskus war A. laut Urteil für vier Stadtviertel verantwortlich. Seine Aufgabe sei dabei gewesen, Moscheen zu überwachen und Imame zu bespitzeln. Die Informationen habe er an Vorgesetzte weitergegeben.

Geflüchtete erkannten Peiniger

Der im April vergangenen Jahres begonnene Koblenzer Prozess war ins Rollen gekommen, nachdem nach Deutschland geflüchtete Opfer ihre mutmaßlichen Peiniger wiedererkannt hatten. Sie berichteten im Prozess detailliert davon, wie sie im Al-Khatib-Gefängnis gefoltert worden waren.

Dass der Prozess in Deutschland stattfindet, liegt am Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht. Demnach dürfen auch Taten verhandelt werden, die keinen unmittelbaren Bezug zu Deutschland haben.

(APA/dpa)

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