Das Brüssel-Briefing

Kalter Krieg zwischen Brüssel und AstraZeneca

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Bricht der Impfstoffhersteller seinen Vertrag? Die Staats- und Regierungschefs debattieren das heute bei ihrem Gipfel. Ungemach naht auch vom EU-Wiederaufbaufonds, da hilft kein Rollkragenpulli. Und wie domptiert man Diktatoren? Das Brüssel-Briefing.

„Erst nach der Viehmesse kann man die Kuhfladen zählen": mit diesem würzigen Bonmot aus dem französischen Volksmund pflegte Jacques Chirac seine Maxime zu illustrieren, wonach man die Wirksamkeit politischer Entscheidungen erst beurteilen sollte, wenn sie ihre volle Tragweite entfalten konnten. Gewissermaßen trifft das auch auf die Impfkampagne der EU zu: gewiss, der Anfang der kollektiven Immunisierung verläuft enttäuschend. Doch schon in einem Monat dürfte die Union, bildlich gesprochen, in Impfstoffen schwimmen. 300 Millionen Dosen erwarte die EU im zweiten Quartal, sagte Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission, am Dienstag nach Ende des Rates Allgemeine Angelegenheiten. Denn soviel haben die Hersteller vertraglich zugesichert. Das sollte halten, denn: pacta sunt servanda.

Dürfte, erwarte, sollte: damit wären wir mitten im Kern dieses ersten Brüssel-Briefings, im Rahmen dessen ich von nun an donnerstags aus der EU-Hauptstadt darüber berichten werde, was die Entscheider hier bewegt.

Worüber Brüssel redet

Denn das Vertrauen der EU-Entscheider in die Vertragstreue der Pharmakonzerne hat schweren Schaden genommen. Allen voran AstraZeneca muss sich immer verzweifelter gegen den zusehends klarer belegten Vorwurf wehren, das Vereinigte Königreich zulasten der Europäer zu beliefern. Am Dienstag berichtete Reuters, dass der britisch-schwedische Konzern auch im zweiten Quartal möglicherweise nur die Hälfte seiner am 27. August vorigen Jahres versprochenen Dosen liefern werde. Die Konzernpressestelle dementiert diese Meldung nicht einmal: „AstraZeneca bestätigt heute, dass die jüngste Q2-Prognose für die Lieferung des COVID-19 Impfstoffs auf die Einhaltung des Vertrags mit der Europäischen Kommission abzielt“, heißt es in der Aussendung. Man bemühe sich nun, „die Produktivität in seiner EU-Lieferkette zu erhöhen“ und doch noch die versprochenen 180 Millionen Dosen für die Monate April bis Juni bereitstellen zu können.

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