Kriminalität

Europarekord bei Drogenfund in Hamburg

APA/AFP
  • Drucken

Mehr als 16 Tonnen Kokain in Frachtcontainern aus Paraguay. Der mutmaßliche Importeur wurde verhaftet, ihm werden zusätzlich mehr als 7 Tonnen zugerechnet, die man kürzlich in Antwerpen fand.

Zoll und Polizei im Hamburger Hafen ist der bisher größte Fund von geschmuggeltem Kokain in Deutschland und Europa gelungen: Wie am Mittwoch bekanntgegeben wurde, sind bereits vor zwei Wochen etwas mehr als 16 Tonnen des weißen Pulvers aus Südamerika in fünf Containern aus Paraguay entdeckt worden. Die Substanz - gern nasal eingenommen - wurde demnach am 12. Februar in Blechdosen für Farben bzw. Spachtelmasse gefunden, so das Zollfahndungsamt.

Damit sei die Menge zugleich eine der größten, die bisher weltweit gefunden worden ist. Und das ist noch nicht alles: Im Rahmen der Ermittlungen wurden nämlich im belgischen Hafen Antwerpen am Sonntag noch einmal 7,2 Tonnen Kokain sichergestellt. Und es stellte sich überdies heraus, dass beide Lieferungen zusammengehören: In der niederländischen Stadt Vlaardingen bei Rotterdam wurde ein 28-jähriger Mann verhaftet, der als Importeur des „weißen Goldes" gilt. Sein Name wurde bisher nur mit „Atif S." angegeben.

Wert in Milliardenhöhe

Mit demnach mehr als 23 Tonnen würde es sich dann sogar um den größten bisher aufgeflogenen Gesamt-Transport von Koks weltweit handeln, mit einem Endverkaufswert im Milliarden-Euro-Bereich. Das Hamburger Zollfahndungsamts sprach von 1,5 bis 3,5 Milliarden Euro.

via REUTERS

Der Preis hängt letztlich vom Verkaufsland und -Ort, ob das Kokain gestreckt ist oder nicht, vom Gesamtangebot, dem Risiko beim Handel und vom sozioökonomischen Status des Abnehmerumfelds. Aktuelle Daten der jüngsten Jahre legen Preise für Deutschland von um die 50 Euro pro Gramm bei gestreckter Ware nahe, einen „Deckel" bei etwa 100 Euro und ein Mittel von um die 70 Euro.

Die UN-Anti-Drogenbehörde UNODC in Wien listete für 2018 einen mittleren Kokain-Endverbraucherpreis pro Gramm von 76 Euro in Deutschland, kräftigen 111 Euro in Österreich und einem Europa-Schnitt von 78 Euro pro Gramm auf. Österreich liegt bei den Kokainpreisen traditionell sehr hoch oben im Europavergleich. Nimmt man den genannten Europaschnitt von 78 Euro/Gramm her, stehen die jetzt beschlagnahmten 23,2 Tonnen Kokain für einen theoretischen Einzelhandelspreis (größere Mengen sind natürlich günstiger) von 1,8 Milliarden Euro.

Die deutschen Behörden waren Medienberichten zufolge schon vor längerer Zeit von den Holländern durch einen Tipp auf die Fährte des Importeurs gekommen. Bei einer Importfirma in Rotterdam, die dem Verdächtigen zugerechnet wird, waren schon früher nicht näher genannte Unregelmäßigkeiten geschehen. Also überpüfte man im Hamburger Hafen jene fünf Container aus Paraguay, die von der Firma in Rotterdam bestellt worden waren, aber mit Lieferort Hamburg. Beim Röntgen der Container zeigte sich, dass etwas faul war. Letztlich waren darin mehr als 1700 Kanister, die vornehmlich mit zu Paketen gepresstem, in Plastik eingeschweißtem Kokain gefüllt waren.

„Großer Weckruf"

Als größte Einzelfunde von Kokain galten bisher laut einer (nicht autoritativen) Übersicht jene von 21 Tonnen anno 1989 in einem Lagerhaus nahe Los Angeles (Kalifornien); die etwa 20 Tonnen, die die US-Küstenwache 2007 in einem panamaischen Frachter in Gewässern Panamas fand; und die 18 Tonnen anno 1999 im Hafen von Philadelphia (Pennsylvania) in einem Schiff, das von Chile über Kolumbien und die USA nach Europa unterwegs war.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter warnte am Mittwoch, die Funde in Hamburg und Antwerpen müssten ein "großer Weckruf" sein, denn solche würden seit Jahren immer massiver ausfallen. Zudem flössen die Gewinne immer stärker in verbrecherische Strukturen in Europa selbst. Der deutsche Zoll sei übrigens mittlerweile extrem schlecht aufgestellt und wenig effektiv, hieß es. Fachleute nehmen an, dass für jedes erwischte Kilogramm Kokain zehn Kilogramm nicht gefunden werden. Das Missverhältnis könnte speziell bei synthetischen Drogen noch größer sein.

Zugleich steigt die Zahl der Abnehmer: Die Drogenbeauftragte der deutschen Regierung, Daniela Ludwig (CSU), sagte sogar, Kokain sei heute "in der Mitte der Gesellschaft angekommen" und man gehe allein bei der Zahl der stark Kokainsüchtigen von 40.000 bis 60.000 Menschen in Deutschland aus.

(ag./wg)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.