Koalitionskonflikt

Zitate aus Ermittlungsakten: Grüne geben ÖVP einen Korb

 Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer
Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer APA/ROLAND SCHLAGER
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Auch die SPÖ und die Neos lehnen einen "Medien-Maulkorb" ab. Die FPÖ ortet eine "Privatfehde" der ÖVP gegen die Justiz.

Die ÖVP holt sich für ihren Plan, Zitate aus Ermittlungsakten zu verbieten und die Auswertung von Kommunikation zu erschweren, einen Korb beim Koalitionspartner. "Einschränkungen der Pressefreiheit waren und sind nicht Gegenstand der Verhandlungen", sagte die Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer am Mittwoch. Geeinigt haben sich die Regierungsparteien bisher nur darauf, einen unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalt einzurichten, die konkrete Ausgestaltung fehlt noch.

"Ermittlungsverfahren sollen unabhängig und ohne öffentlichen oder politischen Druck geführt werden können. Dabei gilt es ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zu berücksichtigen, die Pressefreiheit zu schützen und gleichzeitig mediale Vorverurteilung zu vermeiden", so der Text des Ministerratvortrages zur Einrichtung eines Bundesstaatsanwaltes.

Bei der Vermeidung von Vorverurteilung dürfte seitens der ÖVP der im "Kurier" berichtete Plan gemeint sein, Berichterstattung über Ermittlungsverfahren zu erschweren. Derzeit dürfen Anwälte Ermittlungsakten weitergeben, Medien dürfen (unter Einhaltung des Medienrechts) daraus zitieren. Die ÖVP will nun ein Verbot der "überschießenden Auswertung von privater und geschäftlicher Kommunikation" durch die Staatsanwaltschaft erreichen. Außerdem soll es ein Verbot der Veröffentlichung von Ermittlungsakten nach deutschem Vorbild geben. Damit könnten Medien bestraft werden, wenn sie direkt aus Ermittlungsakten zitieren.

Regelung "ist aus Sicht der Grünen ausreichend"

Deutlicher wurde am Nachmittag die Grünen-Klubobfrau: "Bereits jetzt gibt es ein Verbot der Veröffentlichung besonders grundrechtssensibler Überwachungsergebnisse", erklärte Maurer in einer schriftlichen Stellungnahme, die gesetzliche Regelung dazu "ist aus Sicht der Grünen ausreichend" und stelle sicher, dass Pressefreiheit und die Einhaltung der Beschuldigtenrechte gewahrt seien. "Einschränkungen der Pressefreiheit waren und sind nicht Gegenstand der Verhandlungen.“

Scharfe Kritik an den Plänen der ÖVP war am Mittwoch auch von SPÖ und Neos gekommen: Das sei keine Justizreform, sondern ein "Blümel-Schutzprogramm", kritisierte SP-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Er hält das ÖVP-Vorgehen für "brandgefährlich und demokratiegefährdend" sowie für einen Angriff auf die Pressefreiheit. Auch die Neos lehnen einen "Medien-Maulkorb" ab: "Medien sind die Vierte Gewalt im Land. Ihre Arbeit darf keinesfalls behindert, eingeschränkt oder unter Strafe gestellt werden - schon gar nicht durch die Politik", so Justizsprecher Johannes Margreiter und Mediensprecherin Henrike Brandstötter in einer Aussendung. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl spricht von einer "Privatfehde" der ÖVP gegen die Justiz.

Rechtsanwälte und Journalisten gehen auf Barrikaden

Rechtsanwälte und Journalistengewerkschaft kritisierten den ÖVP-Plan, Zitate aus Ermittlungsakten zu verbieten, ebenfalls. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) sprach sich entschieden gegen eine Einschränkung der Medienfreiheit und der Verteidigungsrechte in Österreich aus, wie es am Mittwoch in einer Aussendung hieß. "Die Freiheit der medialen Berichterstattung und die Verteidigungsrechte der Bürger sind ganz wesentliche Elemente unseres demokratischen Rechtsstaates", unterstrich Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff: "Eine Einschränkung dieser Rechte durch Einführung eines Veröffentlichungsverbotes halte ich nicht nur für unnötig, sondern auch für einen bedenklichen Rückschritt in unserer rechtsstaatlichen Entwicklung."

Weiters erinnerte Wolff an die "Lasserschen Artikel" aus dem Jahr 1862, die ein Verbot der Veröffentlichung aus Gerichtsakten vorsahen und vor 46 Jahren als überholt abgeschafft wurden. Eine Wiedereinführung eines solchen Veröffentlichungsverbotes wäre für Wolff eine "unzeitgemäße und undemokratische Beschränkung der Pressefreiheit" und daher "entschieden abzulehnen".

Kritik übte auch die Journalistengewerkschaft. "Journalisten bestrafen zu wollen, wenn sie aus Akten in Ermittlungsverfahren zitieren, stellt einen inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit und damit unsere Demokratie dar", kritisiert Bundesvorsitzender Eike-Clemens Kullmann in einer Aussendung.

(APA)

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