Debatte

Darf aus Terror Kunst werden?

Künstler sicherten sich Material von Wiens Terrorgedenkstätte. Erste Ergebnisse sieht man im Stephansdom. Es geht formal auch subtiler, zeigen Fotos von Hermann Glettler.

Viele Worte sollen hier nicht über das „DENK MAhn MAL“ verloren werden, das am Mittwoch im Eingangsbereich des Stephansdoms präsentiert wurde. Form, Inhalt und Anspruch entsprechen nicht ansatzweise der Intensität des Materials, dessen sich ein bisher weitgehend unbekanntes Wiener „Street-Art-Ehepaar“ hier bediente: den Resten der geräumten Terrorgedenkstätte in der Innenstadt. Susanne Detrüs Habarta und Peter Petrus Habarta (samt Team) reduzierten das Lichtermeer zum belanglosen Kleinformat, machten aus zerschnipselten Kerzen, Blumen, Karten elektrisch blinkende Müllcollagen bzw. kitschige Stillleben aus Federn, Ähren und Goldfarbe. Bekrönt von einem Trauerkranz aus Kerzendeckeln, in dessen Mitte das Schild „Anfang“ prangt, flankiert von scheinbar fröhlich vereinten schematischen Männchen, angeblich u. a. die Weltreligionen symbolisierend.

Nimmt man das Ausgangsmaterial künstlerisch ernst, was man tut, nimmt man den Ausstellungsort ernst, was man ebenfalls tut, kann einen die Naivität dieser Installation schon verstören. Diese Verstörung hat allerdings Tradition. Immer wieder wird in der zeitgenössischen Kunst diskutiert, inwiefern man sich das Schicksal anderer für die eigene Kunst aneignen darf, das heißt letztendlich immer auch für die Selbstdarstellung, den Ruhm, den eigenen Profit. Heftig diskutiert wurde etwa, um nur ein relativ aktuelles, prominentes Beispiel herauszugreifen, das Schiff, das der Schweizer Künstler Christoph Büchel bei der vergangenen Biennale Venedig ins Arsenale stellte – vor das Ausstellungscafé, in dem der Kunst-Jetset seine Espressi schlürfte.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.