Sport-Club

Unser Pandemieverein

Clemens Fabry
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Wir haben einen Turnverein gegründet. Die Rollen sind gleich verteilt, die Motivation ist es nicht.

Wir haben einen Turnverein gegründet. Jetzt. Während der Pandemie und ohne ihn aufs Papier zu bringen. Aber während die Regierung offenbar glaubt, dass Sport eine Gefahr für Leib und Leben ist, glauben die Sportfreunde und ich, dass er unser Leben verbessern wird. Jetzt heißen wir „Turnverein Parkbande“ und wollten uns einmal die Woche zum „Emom“-Crossfittraining im Park treffen. Mit Abstand und nur 30 Minuten lang. Ausreden gibt es deshalb keine. Dachte ich.

Wir, das sind der Surflehrer und der Rotkreuzfahrer, der versprochen hat, uns in besseren Zeiten so schnell zum Strand zu fahren, wie es der Tachometer hergibt. Wir werden das natürlich nie tun. Aber die Idee gefällt uns. Jedenfalls. Jeder im Verein hat eine Rolle: Der Rotkreuzfahrer ist Master of Time, Food and Outfit und der Surflehrer ist der Kassier, weil er sich mit Kryptowährung auskennt. Ich bin Oberturnlehrerin und offenbar auch allein für die Motivation zuständig.

Trafen wir uns also an einem kalten Herbsttag im Beserlpark. Der Rotkreuzfahrer hat gleich die Einserpanier angehabt: neongelb-orange-pinke Leggins, giftgrünes T-Shirt und Regenbogenstirnband. Akute Netzhautverbrennung der Augen inklusive. Der Surflehrer kam mit dem Fahrrad und meinte, ihm sei jetzt schon kalt.

Ich hab die Übungen angesagt und „Los, los!“ gerufen: 50 Meter laufen, Liegestütz, Kniebeugen, Side Planks und eine Art Kopfstand. Nach der ersten Runde hat der Rotkreuzfahrer erklärt, dass er für heute genug trainiert hat. Das war nach fünf Minuten.

Dass er von allen am trainiertesten ausschaut, ist ein Fehler in der Matrix. Immerhin: Der Surflehrer und ich hielten 30 Minuten durch. Danach aßen wir Kuchen, den der Rotkreuzfahrer mitgebracht hatte. Der Verein hat sich seither nicht mehr getroffen. Zwei unserer drei Mitglieder haben ein akutes Motivationsproblem. Nun diskutieren wir, ob wir doch lieber eine Tischtennisgruppe oder ein Skateclub sein wollen. „Keine stumpfen Übungen“, sagt der Surflehrer. Der Rotkreuzfahrer will sich, wenn es wieder erlaubt ist, auf „Bierdates“ treffen. Er hält das Soziale beim Sport für wichtiger als die Bewegung selbst.

E-Mails an: eva.winroither@diepresse.com

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