Paris forderte gezieltes Vorgehen gegen Roma

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Interne Dokumente beweisen erstmals schwarz auf weiß eine ethnische Diskriminierung. Nun ist der Immigrationsminister Eric Besson durch Beweise aus seinem eigenen Land bloßgestellt worden.

Paris(rb). Mit der Hand aufs Herz hatte Frankreichs Immigrationsminister Eric Besson in Brüssel geschworen, zu keinem Zeitpunkt habe Paris Roma nach Rumänien und Bulgarien abgeschoben, weil sie Roma seien. Das wäre nämlich ein Verstoß gegen EU-Recht gewesen. Nun ist der Minister durch Beweise aus seinem eigenen Land bloßgestellt worden.

Drei Weisungen von Innenminister Brice Hortefeux an die Polizeipräfekten belegen, dass die französischen Behörden gezielt gegen „illegale Lager von Fahrenden, speziell der Roma“, vorgegangen sind. „Die Präfekten sind gehalten, in ihrem Zuständigkeitsbereich mindestens eine umfassende Operation, die prioritär die Roma betrifft, durchzuführen“, heißt es in einem der nun an die Öffentlichkeit geratenen Dokumente.

Verlegen rechtfertigte sich nun Besson, der mit Hortefeux für die Räumung der Camps und die Abschiebung von über 8000 Roma verantwortlich ist. Er habe von den Schreiben aus dem Innenministerium, die nicht an ihn adressiert gewesen seien, nichts gewusst. In den Passagen wird freilich auch erwähnt, dass diese Maßnahmen von ganz oben kommen und Präsident Sarkozy in drei Monaten 300 Roma-Lager beseitigt haben möchte. Die Präfekten wurden angewiesen, ihre Vorgesetzten von der Räumung der Roma-Lager zu informieren, damit „das Echo in den Medien“ vorbereitet werden könne.

Hilfsorganisationen klagen

Hilfsorganisationen wollen nun klagen, da die französische Regierung sich einer ethnischen Diskriminierung schuldig gemacht habe. Aber auch aus Brüssel werden deutlichere Reaktionen als bisher erwartet. Während das Europaparlament Paris bereits Diskriminierung sowie einen Verstoß gegen die EU-Grundprinzipien der Nichtdiskriminierung und der Personenfreizügigkeit vorgeworfen hat, gab sich die Kommission bisher zurückhaltender. Ein Vertragsverletzungsverfahren wurde nicht eingeleitet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2010)

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