Frontex

Brüssel verliert Geduld mit Grenzschützern

In der EU-Kommission schrillen die Alarmglocken. „Ich bin besorgt, dass es so lange dauert, das klarzustellen“, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson unlängst zu den ungeklärten Vorwürfen gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex
In der EU-Kommission schrillen die Alarmglocken. „Ich bin besorgt, dass es so lange dauert, das klarzustellen“, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson unlängst zu den ungeklärten Vorwürfen gegen die EU-Grenzschutzagentur FrontexReuters
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Gegen Frontex laufen in der EU mehrere Untersuchungen.

Wien/Brüssel/Warschau. In der EU-Kommission schrillen die Alarmglocken. „Ich bin besorgt, dass es so lange dauert, das klarzustellen“, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson unlängst zu den ungeklärten Vorwürfen gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex. Nachsatz: „Das ist ein bisschen seltsam.“ Seit Monaten steht Frontex in der Kritik, Griechenland bei völkerrechtswidrigen „Pushbacks“ von Migranten Richtung Türkei assistiert – oder diese jedenfalls nicht verhindert – zu haben. Mehrere EU-Stellen untersuchen die Vorwürfe. Am Dienstag wurde eine Arbeitsgruppe im EU-Parlament eingesetzt, der auch die SPÖ-Abgeordnete Bettina Vollath angehört. Sie fordert ein Ende des „reinen Abschreckungsregimes“ an Europas Grenzen.

Frontex-Chef Fabrice Leggeri selbst weist die Vorwürfe illegaler Pushbacks vehement zurück. Seine Behörde halte sich an die Grund- und Menschenrechte, versicherte er in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). „Es sind nicht alle Menschen in Seenot, die versuchen, die Außengrenze der EU illegal mit einem Boot zu überschreiten“, so der Franzose. In einer internen Untersuchung im Auftrag des Verwaltungsrats wurden 13 Fälle mutmaßlicher Pushbacks untersucht. In acht Fällen konnte kein Fehlverhalten festgestellt werden, fünf Fälle bleiben ungeklärt.

Mobbingvorwürfe

Allerdings sind die Pushbacks in der Ägäis nicht das einzige Vergehen, das Leggeris Behörde angelastet wird. So soll es entgegen allen Beteuerungen verschwiegene Kontakte zu hohen Vertretern der Rüstungsindustrie gegeben haben. Auch ein Betrugsvorwurf im Zusammenhang mit einer polnischen IT-Firma bleibt bis dato ungeklärt. Die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf ermittelt. Die Untersuchungen erstrecken sich auch auf mögliche Fälle von Mobbing in der Behörde. Demnach soll Leggeri Mitarbeiter angeschrien und schikaniert haben. „Der Exekutivdirektor muss zeigen, dass er sein Haus in Ordnung bringen kann“, fordert Johansson. (aga)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2021)

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