Analyse

Falsches Spiel auf dem Schanzenturm

Chiara Hoelzl, Marita Kramer, Sophie Sorschag und Daniela Iraschko-Stolz
Chiara Hoelzl, Marita Kramer, Sophie Sorschag und Daniela Iraschko-Stolz GEPA pictures
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Mario Stecher liegt mit dem Protest gegen Delegierte und Jury absolut richtig.

Mario Stecher war auch am Tag nach dem Eklat von der Normalschanze stinksauer. So etwas habe er noch nie gesehen, meinte der ÖSV-Direktor und ging mit der Jury erneut hart ins Gericht, die in Eigenregie und ohne Not den Anlauf vor der letzten Springerin, Marita Kramer, verkürzt hatte. Die Athletin verlor so an Konzentration, Tempo und eine als Halbzeitführende durchaus realistische Medaille. Der 19-Jährigen blieb nur Blech. Die Slowenin Ema Klinec flog zu Gold.

Stecher, 43, bemühte sich, weder die nationalistische Karte noch die des schlechten Verlierers zu spielen. Als Verbandsspitze aber musste er Protest einlegen. Der Olympionike sah „die Entscheidung als grundlegend falsch“ an. Und, daran gibt es nichts zu rütteln: Zu verantworten haben es zwei Slowenen, der Technische Delegierte Saso Komoveć und Jury-Mitglied sowie Assistent des Renndirektors, Miran Tepeš.

Der Steirer protestierte – vollkommen zu Recht – nicht gegen die Wertung des Bewerbs, schließlich hätte Kramer auch gewinnen können, sondern gegen dieses Duo. Freilich, der Antworten und Erklärungen für den gesetzten Unsinn, der in der Szene auch als grobes „Foul“ gilt, gibt es sonder Zahl. Wechselnden Wind, Sicherheit und Angst vor einer Verletzung; es klang dennoch bloß nach plumper Ausrede, denn auch im ersten Durchgang herrschten die gleichen Verhältnisse. Bloß reagierte da keiner der beiden.

Das Schweigen der FIS

Stechers Wunsch, „dass diese Männer nie wieder oben auf dem Turm stehen“, wird sich bei der WM in Oberstdorf kaum erfüllen. Die Mühlen großer Verbände mahlen langsam. Auch werden sich die FIS-Gremien nicht die Blöße geben, bei der eigenen, ob der Lockdown-Situation ohnehin umstrittenen Veranstaltung Fehler einzugestehen. Ginge es rein nach der Regel, ist der Bewerb tatsächlich verfälscht worden. Bei Erreichen von 95 Prozent der Hillsize muss die Jury zusammentreten und über eine Verkürzung beraten. Das war jedoch in diesem zweiten Durchgang nicht der Fall.

Marita Kramer nützt all das nichts mehr. Sie bleibt die traurigste Verliererin von Oberstdorf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2021)

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