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Clever sei das Gesundheitsportal, hilfreich und gut

Projektleiter Tobias Schreck vom Institut für Computer Graphik und Wissensvisualisierung der TU Graz
Projektleiter Tobias Schreck vom Institut für Computer Graphik und Wissensvisualisierung der TU Graz© Helmut Lunghammer
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Informatiker, Mediziner und Psychologen aus Graz entwickeln gemeinsam eine digitale Plattform, die schlauer funktionieren soll als alle bisherigen Angebote. Den Arztbesuch will man damit aber nicht ersetzen.

Das Versprechen ist ein großes. Man wolle das Gesundheitsportal der Zukunft entwickeln, heißt es von drei Forschergruppen, die gemeinsam eine Mission verfolgen: Die Wissenschaftler von TU, Uni und Med-Uni Graz wollen in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt eine digitale Plattform entwickeln, die besser sein soll als alle bisherigen Online-Angebote – und davon gibt es unzählige in der virtuellen Welt.

Was soll sie also können? Erstens die Nutzerinteressen automatisch erkennen und die Information entsprechend anpassen, sagt Projektleiter Tobias Schreck vom Institut für Computer Graphik und Wissensvisualisierung der TU Graz. Was gezeigt wird und wie detailliert, soll sich am Menschen vor dem Computermonitor, Tablet oder Smartphone und seinen Vorkenntnissen und Bedürfnissen orientieren. Wie diese aussehen, könnte durch Fragen oder aber auch mittels Eye-Tracking-System, das auf die Webcam zugreift, geklärt werden. Auch die Art der Information – soll ein Text, ein Diagramm oder eine andere Form der Wissensvisualisierung angezeigt werden – ließe sich so festlegen.

Zweitens soll die Plattform ausschließlich auf evidenzbasierte, also wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zugreifen. Einfach aufbereitet oder auch als englischsprachige Fachliteratur – wenn der Nutzer naturwissenschaftlich oder medizinisch vorgebildet ist.

Und drittens soll sie sich mittels künstlicher Intelligenz flexibel an die Bedürfnisse der Nutzer anpassen: Das System soll ständig dazulernen, was sich beim Nutzer mit der Zeit verändert und sein Profil entsprechend modifizieren. So könne es die Menschen in ihrem Krankheitsverlauf optimal begleiten, sagt Schreck.

Diabetes als Fallbeispiel

Typ-2-Diabetes eignet sich als chronische Erkrankung des Stoffwechsels – und mit der dazu in Graz vorhandenen Expertise – gut als erstes Fallbeispiel. „Der Patient geht oft nach der Erstdiagnose mit vielen Fragen nach Hause. Hier setzt unser System an, es soll ihn abholen und begleiten“, erklärt Schreck. Den Arztbesuch ersetzen wolle man aber freilich nicht, nur ergänzende Informationen bieten. Wobei ein Szenario durchaus auch sein könnte, dass sich Patienten auf großen Bildschirmen im Wartezimmer informieren – und anschließend mit dem Arzt besprechen.

Wie das konkret funktionieren soll, ist aber noch offen, immerhin steht das für viereinhalb Jahre anberaumte Grundlagenforschungsprojekt auch erst am Anfang. Schreck schielt aber gern Richtung Anwendung: „Mich interessiert, wie man Informationen gut nutzen kann, welchen Wert sie haben und wie man sie geschickt vermittelt.“ Bisherige Systeme würden meist starren Regeln folgen. „Der Mensch verändert sich aber, darum braucht es adaptive Systeme“, schildert Schreck.

Große Herausforderungen für die Forschung sind die Informationssicherheit und der Datenschutz – es gehe ja um hoch vertrauenswürdige Daten, so Schreck. Und auch wichtige ethische Fragen müssen noch geklärt werden. Wie geht es jemandem, der – allein zu Hause – erfährt, dass er wenig Perspektive hat? Was, wenn das System dann große Ängste auslöst? Immerhin: Die Prognosefunktion soll sich deaktivieren lassen, sagt Schreck. Aber er weiß, dass das geplante Gesundheitsportal erst die versprochene große Zukunft haben wird, wenn auch diese Fragen zufriedenstellend beantwortet sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2021)

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